Buckelwal, Finnwal… und schließlich das größte Tier aller Zeiten – der Blauwal: Die Vertreter der Furchenwale sind die Rekord-Giganten der Tierwelt. Die Entwicklung ihrer Körpermasse von bis zu 80 Tonnen wird von einer sehr effektvollen Ernährungsweise gespeist: Die Meeresriesen schwimmen in Schwärme von Beutetieren, öffnen dabei ihr Maul und ziehen gleichzeitig ihre bis zu vier Tonnen schwere Zunge zurück. Gigantische Wassermassen samt Beute strömen dann in den sich ausdehnenden Kehlsack. Ist er voll, drückt das Tier mit seiner Zunge den Inhalt durch seine Barten, die wie ein Sieb die Nahrung aus dem nach außen strömenden Wasser filtern. Anschließend kann der Wal den Fang dann herunterschlucken.
Flexible Anatomie einschließlich Nerven
Neben der Mega-Zunge ermöglicht den Furchenwalen ein charakteristisches Körpermerkmal diese Ernährungsweise: die Furchen, die dieser Walfamilie ihren Namen gegeben haben. Es handelt sich um bis zu 100 Längsfalten, die von der Kehle über die Brust bis zur Körpermitte verlaufen. Sie bilden die Dehnelemente, durch die der Wal seinen Rachenraum so enorm erweitern kann. Erstaunlicherweise war bisher unklar, dass auch die Nerven der Wale in seinen flexiblen Körperstrukturen besondere Eigenschaften besitzen. Bei anderen Spezies sind sie für ihre Empfindlichkeit gegenüber Zugkräften bekannt. Auch beim Menschen sind Überdehnungen eine typische Ursache für Nervenschäden.
Dagegen sind die Wale aber offenbar gut gewappnet, wie die Forscher um Wayne Vogl von der University of British Columbia nun herausgefunden haben. Bei Untersuchungen von Walüberresten stießen sie auf eine eigenartige helle Bandstruktur, die sich extrem dehnen ließ. Zuerst hielten sie ihren Fund für ein Blutgefäß – dies hätte die Elastizität erklärt. Doch dann stellte sich heraus, dass es sich um besondere Nervenstrukturen handelt, die im Kehlsack und in der Zunge der Wale vorkommen. Die genaueren Untersuchungen offenbarten dann deren ungewöhnliche Merkmale. „Diese Nervenstränge können sich strecken und wieder zusammenziehen wie Bungee-Seile. Von anderen Wirbeltieren sind solche Strukturen bisher nicht bekannt“, sagt Vogl.
Haben auch andere Tiere Gummi-Nerven?
Wie die Forscher berichten, ist allerdings nur das Hüllmaterial der Nervenstränge so elastisch: Das Nervengewebe im Inneren liegt offenbar zusammengeschoben vor und entfaltet sich bei Dehnung, erklären Vogl und seine Kollegen. Sie wollen nun herausfinden, wie das Nervengewebe so schnell entpackt und wieder zusammengepackt werden kann, wenn die gesamte Struktur gedehnt wird und sich wieder entspannt.
In weiteren Studien wollen die Forscher nun außerdem der Frage nachgehen, ob es ähnliche Nervenstrukturen auch bei den Stretch-Organen anderer Tierarten gibt. Vielleicht besitzen demnach auch beispielsweise die Zungen der Chamäleons oder die Quak-Säcke von Fröschen Nervenstränge mit Gummicharakter.