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Pottwale mit Cliquen-„Slang“

Erde|Umwelt

Pottwale mit Cliquen-„Slang“
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Ein Pottwal (Shane Gross/ thinkstock)
Für uns Menschen ist das typisch: Gerade als Jugendliche gucken wir uns mehr von unserer Clique ab als von Eltern oder Lehrern. Durch dieses Lernen von Gleichgesinnten entstehen Subkulturen und Cliquen, die teilweise sogar ihren ganz eigenen Slang sprechen. Jetzt zeigt sich: Solche Cliquen gibt es auch bei Pottwalen – sie sind an den verschiedenen Mustern ihrer Klicklaute erkennbar. Und wie bei uns Menschen entstehen diese Cliquen, weil Pottwale eher den typischen Dialekt von Gleichgesinnten übernehmen als von Artgenossen, die ihnen im Verhalten weniger stark ähneln.

Ob in der Schulklasse, in einer Stadt oder in der Gesellschaft als Ganzem: Wir Menschen neigen dazu, Cliquen von Gleichgesinnten zu bilden. Innerhalb dieser Gruppen ähneln sich die Interessen, aber auch die Verhaltensweisen und sogar die Sprache. So unterhalten sich Jugendliche in ihrem eigenen Slang und auch die verschiedenen Jugend- und Subkulturen nutzen oft Insider-Ausdrücke, deren Bedeutung Außenseiter kaum verstehen – und auch nicht verstehen sollen, da dies der Abgrenzung dient. Ob es solche rein durch soziales Lernen und gegenseitige kulturelle Beeinflussung entstandenen Cliquen auch im Tierreich gibt, ist bisher jedoch umstritten. Zwar besitzen einige Tierarten, darunter Delfine und Orcas durchaus mehrschichtige soziale Strukturen mit cliquenähnlichen Gruppierungen. Wie aber solche Untergruppen entstehen und ob das auch ohne vorübergehende räumliche Trennung oder Barrieren funktioniert, blieb unklar.

Abgucken lieber von den besten Kumpeln

Mauricio Cantor von der Dalhousie University im kanadischen Halifax und seine Kollegen haben dies nun an einer Population von Pottwalen in der Nähe der Galapagos-Inseln untersucht. Von Pottwalen ist bekannt, dass sie neben den Familien und der Gesamtgruppe auch Cliquen bilden – Gruppen von etwa einem Dutzend Tieren verschiedener Altersklassen. „Diese Clans unterschieden sich voneinander in verschiedenen Verhaltensweisen, darunter auch ihrem Repertoire der Lautäußerungen“, erklären die Forscher. Jede Clique hat demnach ein charakteristisches Repertoire von Codas – den für die Kommunikation genutzten Klickmustern. Die Mitglieder eines Clans finden sich nur mit den Artgenossen zusammen, die ein ganz ähnliches Coda-Repertoire besitzen. Wie die Forscher feststellten, ist dies auch bei den Pottwalen rund um die Galapagos-Inseln so: „Diese Pottwal-Gesellschaft zeigte eine große akustische Übereinstimmung innerhalb der Clans, aber sehr wenig Ähnlichkeiten zwischen den Clans“, berichten Cantor und seine Kollegen. „auch soziale Interaktion zwischen den Clans gab es nicht.“

Aber wie entstehen diese cliquenspezifischen „Dialekte“? Um das herauszufinden, bildeten die Forscher die Pottwal-Gesellschaft in einem Modell mit virtuellen Akteuren nach. Mit dessen Hilfe konnten sie nun testen, wie verschiedene Faktoren, darunter die Vererbung, das familiäre und soziale Lernen oder die Bevorzugung von Gleichen, die Struktur der Gesellschaft und die Bildung von Untergruppen beeinflusste. Wie sich zeigte, scheinen die Pottwal-Clans weder durch Vererbung bestimmter akustischer Eigenheiten noch durch das Lernen der Kinder von ihren Eltern zustande zu kommen. „Unsere Modelle deuten stattdessen darauf hin, dass das horizontale soziale Lernen nötig ist, um die clanspezifischen Repertoire hervorzubringen“, berichten Cantor und seine Kollegen. Dabei geben Artgenossen, deren Verhalten ähnlich ist, mehr Informationen untereinander weiter, sie gucken gewissermaßen intensiver voneinander ab. Dadurch festigt sich die Bindung zwischen diesen Gleichgesinnten und sie bilden im Laufe der Zeit einen eigenen Dialekt aus.

„Dies zeigt, dass die Schlüsselprozesse, die die menschliche Kultur prägen, auch in nichtmenschlichen Gesellschaften präsent sind“, sagen die Forscher. Denn auch bei uns Menschen spielen solche Ungleichheiten in der Weitergabe von Informationen und im Lernen eine wichtige Rolle für die Bildung von Untergruppen und Cliquen. Wie bei den Pottwalen entstehen sie durch die bevorzugte kulturelle Weitergabe bestimmter Verhaltensweisen und sprachlicher Eigenheiten unter Gleichgesinnten.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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