Credit: Send Verde Animal Refuge in Bolivia
Für ihre kurios wirkende Studie untersuchten die Forscher um Jacob Dunn von der Universität Cambridge die Dimensionen der Vokaltrakte sowie der Hoden bei Männchen von insgesamt neun verschiedenen Brüllaffenarten aus Mittel- und Südamerika. Der Vergleich mit Tonaufnahmen bestätigte zunächst erneut: Affen mit größerem Zungenbein produzieren Töne mit tieferen Frequenzen, was den Eindruck von Größe und Stärke erweckt.
Dieses Merkmal ist besonders charakteristisch für Arten, bei denen nur ein Männchen in einer Gruppe lebt, zeigten die Untersuchungen. Bei Arten mit einer größeren Zahl von Männchen pro Gruppe, waren die Brüllaffen-Männer deutlich weniger stimmgewaltig. Dafür hatten diese Tiere aber im Vergleich zu den Harems-Chefs größere Hoden, ergaben die Auswertungen. „Im Fall der Brüllaffen konnten wir erstmals einen Abtausch zwischen Kehlkopfgröße und Hodengröße nachweisen“, resümiert Co-Autor Tecumseh Fitch vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien das Ergebnis.
Mehr im Hals – dafür schrumpfte es untenrum
Doch wie kommt es zu diesem kurios wirkenden Zusammenhang? Den Forschern zufolge bekräftigt das Ergebnis Charles Darwin’s Theorie über die Effekte von sexueller Selektion: Sie besagt, dass Arten in der Fortpflanzung oft Kompromisse zwischen Merkmalen eingehen, die im Wettbewerb um Partner vorteilhaft sind und jenen, die zur Befruchtung dienen. Im Fall der Brüllaffen bedeutet das konkret: „Die Investition, einen mächtigen Stimmapparat zu entwickeln und zu brüllen mag so hoch sein, dass womöglich die Energie einfach nicht mehr reicht, um größere Hoden zu produzieren“, interpretiert Dunn: „Alternativ kann es sein, dass ein großer Stimmapparat zur Abwehr von Rivalen so effizient ist, dass es gar nicht nötig ist, größere Hoden zu entwickeln“.
Die Wissenschaftler wollen sich nun auch weiterhin der Erforschung der stimmgewaltigen Affen widmen. Im Fokus stehen nun aber offenbar nicht mehr die Genitalien der Tiere, sondern ihre akustischen Geheimnisse: Detaillierte Analysen der Anatomie des Stimmapparates sollen ein besseres Verständnis über die beeindruckende Schallentwicklung der Brüllaffen-Rufe liefern, sagen Dunn und seine Kollegen.