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Navigation mit blitzschnellen Ohren

Erde|Umwelt

Navigation mit blitzschnellen Ohren
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Hufeisennase der Art Rhinolophus hipposideros. Credit: Lylambda/Wikipedia
Die Fledermaus wird ihrem geheimnisvollen Ruf wieder einmal gerecht: Für den optimalen Empfang der Echos ihres berühmten Ultraschall-Navigationssystems können die Tiere die Form ihrer Ohrmuscheln binnen einer Zehntelsekunde extrem verändern. Zum Vergleich: Der Wimpernschlag eines Menschen dauert etwa dreimal so lange. Die spektakulären Ohrbewegungen konnten Biologen nun an Fledermäusen aus der Familie der Hufeisennasen dokumentieren, von denen auch zwei Arten in Deutschland vorkommen. ?Fledermäuse verschaffen sich durch die blitzschnelle Verformung der Ohren unterschiedliche Höreindrucke, die ihnen zusätzlich feine Informationen über die Umwelt liefern ? das ermöglicht die perfekte Navigation und Insektenjagd in völliger Dunkelheit?, erklärt Rolf Müller von der Virginia Tech University in Blacksburgh.

Für ihre Untersuchungen malten die Forscher eine Matrix aus kleinen Punkten auf die Ohren ihrer Versuchstiere. Anschließend dokumentierten sie die Ohrbewegungen mittels hochauflösenden Videos und tomografischen Aufnahmen. Durch die Veränderung der Punktmatrix bei der Verformung der Ohrmuschel konnten die Wissenschaftler dann Computermodelle des Bewegungsablaufes erzeugen, die den zeitlichen Verlauf genau dokumentieren.

Erst kürzlich hatten Forscher das funktionelle Gegenstück zum Ohr der Fledermaus genauer untersucht: die Kehlkopfmuskeln, die die Ultraschalllaute erzeugen. Experimente mit isolierten Muskelfaserbündeln zeigten, dass diese sich bis zu 200 Mal pro Sekunde zusammenziehen können. Bisher waren solche Muskelleistungen bei Säugetieren nicht bekannt, sagen die Wissenschaftler um Coen Elemans von der Universität von Süddänemark in Odense, die diese Untersuchung durchführten. Beim Sturzflug auf Beute können Fledermäuse durch diese Muskelleistung ihre Ruf-Frequenz auf bis zu 190 Töne pro Sekunde steigern. Wie die aktuelle Studie zeigt, werden die Echos dieser Töne dann von den blitzschnell umgeformten Ohren der Tiere optimal empfangen. Dieses System superschneller Muskeln ist also offenbar das Geheimnis des faszinierenden Biosonars der nachtaktiven Gesellen.

Die ungewöhnlichen Eigenschaften der Fledermäuse haben diese bizarren Säugetiere schon früh zu einem Objekt der Wissbegierde des Menschen gemacht. Lange nahm man an, dass Fledermäuse über extrem gute Augen verfügen, ähnlich wie Eulen. Im 18. Jahrhundert unternahm der italienische Wissenschaftler Lazzaro Spallanzani dann erste Experimente, um dem Phänomen genauer auf die Spur zu kommen. Er ließ Fledermäuse und Eulen in absolut dunklen Räumen fliegen, in denen er Seile als Hindernisse gespannt hatte. Während die Eulen orientierungslos gegen die Seile prallten, fanden sich die Fledermäuse immer noch problemlos zurecht. Dann blendete der Forscher sie und führte den Versuch erneut durch. Doch nach wie vor flogen die Fledermäuse gewandt zwischen den Seilen hindurch. Als Spallanzani den Fledermäusen allerdings auch noch die Ohren versiegelte, fielen sie orientierungslos zu Boden. Damit hatte er gezeigt, dass sich die Tiere mithilfe des Gehörs orientieren ? wie blieb allerdings weiter lange unklar. Erst die Entwicklung von Schalldetektoren für Hochfrequenztöne offenbarte in den 1930er Jahren schließlich die wahre Beschaffenheit des Fledermaussonars ? die Rufe der Tiere wurden für das menschliche Ohr hörbar.

Rolf Müller, Virginia Tech University in Blacksburg, et al.: Physical Review Letters, Volume 107, Issue 21 wissenschaft.de – Martin Vieweg
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