Grundsätzlich besteht das Medikament aus zwei Teilen: Der erste ist ein kleines Proteinfragment, das sozusagen als Adressaufkleber fungiert. Es ist dafür zuständig, dass der Wirkstoff nur in Blutgefäße mit einer ganz bestimmten Postleitzahl ? einem speziellen Muster an Eiweißmolekülen auf der Oberfläche ? geliefert wird. In diesem Fall ist der Aufkleber so entworfen, dass nur Blutgefäße in Fettgewebe angepeilt werden. Der andere Teil wird erst aktiv, wenn der Wirkstoff am Zielort, den Blutgefäßzellen, angekommen ist: Er dockt an ein bestimmtes Oberflächenprotein an, wird daraufhin von den Zellen in ihr Inneres transportiert und löst dort dann ein Selbstmordprogramm aus. Die Folge: Die Blutgefäße sterben ab, die Fettzellen werden nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und gehen ebenfalls unter.
Bei Mäusen und auch bei Ratten hat sich dieses Prinzip bereits mehrfach bewährt: Bis zu 30 Prozent ihres Körpergewichts können sie in einer nur vierwöchigen Kur abnehmen, hatten frühere Studien bereits gezeigt. Allerdings gibt es ein Problem: Der Stoffwechsel und die Regulation des Körpergewichts funktioniert bei Nagetieren völlig anders als beispielsweise beim Menschen. Aus den Mäuse- und Rattenergebnissen lässt sich daher nicht verlässlich schließen, ob der Ansatz auch beim Menschen funktionieren könnte, auch wenn es dort ähnliche Oberflächenproteine gibt. Anders sieht es jedoch bei Versuchen mit Affen aus: Deren Stoffwechselregulation entspricht in weiten Teilen der beim Menschen. Wenn der Wirkstoff also bei ihnen funktioniert, sollte er auch den menschlichen Fettpolstern den Garaus machen können.
Genau das sollte die neue Studie zeigen, in der insgesamt zwölf Rhesusaffen jeweils vier Wochen lang täglich eine Injektion mit dem neuen Wirkstoff bekamen. Das Besondere: Es handelte sich nicht um künstlich fett gezüchtete Tiere, sondern um Affen, die sich von ganz alleine Übergewicht angefuttert hatten ? sie waren eher bewegungsfaul und fraßen mehr als ihre Artgenossen, ein optimales Modell für den Menschen also.
Das Resultat der Behandlung war auch hier vielversprechend: Die Tiere nahmen im Schnitt Prozent ihres Körpergewichts ab, ihr Taillenumfang verringerte sich, und der Anteil Fett in ihrem Bauchraum, der als besonders gesundheitsgefährdend gilt, ging ebenfalls zurück. Gleichzeitig schien sich ihr Stoffwechsel von der Belastung durch das Übergewicht zu erholen: Ihr Blutzuckerspiegel geriet wieder ins Gleichgewicht und auch ihre Blutfettwerte wurden besser. Der positive Trend hielt auch drei Wochen nach Ende der Behandlung an, erst danach kehrte er sich langsam wieder um. Bei schlanken Affen hatten die Injektionen dagegen praktisch keinen Einfluss auf das Körpergewicht.
Allerdings gab es in beiden Gruppen Nebenwirkungen: Während der Behandlung tauchten leichte bis mittelschwere Nierenprobleme auf, berichten die Forscher. Sie bildeten sich nach Ende der Injektionen zwar weitgehend zurück, verschwanden jedoch nicht bei allen Tieren vollständig. Möglicherweise lässt sich dieses Problem aber mit einem leicht modifizierten Design des Wirkstoffs beheben, glauben die Wissenschaftler. Sie planen aktuell eine erste klinische Studie mit übergewichtigen Prostatakrebspatienten und wollen dabei unter anderem testen, ob der Verlauf der Krankheit durch eine Gewichtsreduktion beeinflusst werden kann.