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Auslese: Was Forscher diese Woche sonst noch entdeckt haben

Erde|Umwelt

Auslese: Was Forscher diese Woche sonst noch entdeckt haben
Diese Woche geht es zuerst nach China: Dort ist ein chinesisch-US-amerikanisches Forscherteam der Frage nachgegangen, inwieweit Grippewellen und Grippeimpfungen das Risiko für die seltene Schlafkrankheit Narkolepsie erhöhen. Anlass für diese Untersuchung war die Beobachtung, dass in einigen europäischen Ländern, etwa in Finnland, die Anzahl der Betroffenen nach einer Impfung gegen die Schweinegrippe H1N1 stark angestiegen war. Das Resultat der Studie: Es scheint tatsächlich einen Zusammenhang zu geben ? allerdings vor allem zwischen der Atemwegsinfektion selbst und der neurologischen Erkrankung. Demnach folgt einer Grippe- oder auch einer Erkältungswelle häufig eine kleine Narkolepsie-Welle, mit einem Abstand von ungefähr sechs Monaten. Eine Korrelation mit der Impfung sei dagegen nicht feststellbar gewesen, sagen die Forscher ? zumindest nicht mit der Variante, die in China verwendet wird. Im Gegensatz zu Europa verzichtet das asiatische Land bei seinen Impfstoffen nämlich auf Wirkverstärker, sogenannte Adjuvantien. Fazit der Forscher: Wenn man das Risiko, eine Narkolepsie zu bekommen, reduzieren möchte, sollte man die Grippeimpfung nicht vermeiden, sondern sie möglichst sogar suchen ? wenn der Impfstoff keine Wirkverstärker enthält. Erklären lässt sich der Zusammenhang übrigens wie folgt: Sowohl die Impfung mit Adjuvantien als auch Atemwegserkrankungen aktivieren das Immunsystem. Diese Reaktion, die eigentlich die Krankheitserreger bekämpfen soll, gerät bei manchen Menschen ? vermutlich solchen mit einer genetischen Veranlagung ? außer Kontrolle und beginnt, sich gegen körpereigenes Gewebe zu richten. Im Fall der Narkolepsie sind das vor allem Hirnzellen, die einen Botenstoff namens Orexin produzieren ? und der wiederum spielt eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle der Schlaf- und Wach-Zyklen. (Fang Han, Beijing University, et al.: Annals of Neurology, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1002/ana.22587)

Weiter geht es nach Ägypten. Dort war Eitelkeit bekanntermaßen ein großes Thema ? und das galt nicht nur für die Lebenden, sondern auch für die Toten. Da wundert es auch nicht, dass die Ägypter offenbar auf die Frisuren ihrer Verstorbenen einen ebenso großen Wert legten wie auf ihre eigenen: Sie benutzten während des Mumifizierungsprozesses anscheinend die gleiche Art von Haargel oder Pomade, die sie auch im täglichen Leben verwendeten, hat ein britisches Forscherteam beim Untersuchen von 18 Mumien entdeckt. Es handelte sich um eine sehr fetthaltige Mixtur, möglicherweise Bienenwachs, die wohl vor allem dazu diente, kunstvolle Frisuren mit Locken und Flechten für die Ewigkeit zu erhalten. Die Haare müssen den Ägyptern dabei extrem wichtig gewesen sein, schließen die Forscher aus ihren Daten: Sie wurden während des eigentlichen Konservierungsprozesses offenbar sorgfältig geschützt, damit die Flüssigkeiten nicht die Frisur zerstörten. Studienleiterin Natalie McCreesh vermutet, dass auf diese Weise die Individualität des Verstorbenen erhalten und betont werden sollte: Während sich nämlich Gesichtszüge aufgrund der Mumifizierung und der Zerfallsvorgänge nach dem Tod stark veränderten, blieb die Struktur und Form der Haare praktisch unverändert. (Natalie McCreesh, KNH Centre for Biomedical Egyptology, Manchester, et al.: Journal of Archaeological Science, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1016/j.jas.2011.08.004)

Themenwechsel: Sie möchte bei einem Spaziergang mal so richtig Kraft tanken? Wenn es nach einem US-Forscherteam geht, ist das sehr bald möglich ? und zwar buchstäblich: Die Wissenschaftler haben nach eigenen Angaben ein System entwickelt, das sich künftig in die Schuhsohle einbauen lassen wird und das die mechanische Energie beim Gehen zum Teil in elektrische Energie umwandelt. Mit einem solchen Schuhsohlengenerator ? der angeblich bis zu zehn Watt pro Fuß liefern soll ? ließen sich dann Handys, iPads, Taschenlampen und so weiter locker mit Strom versorgen. Die Idee dahinter: Die Forscher drehten ein Prinzip namens Elektrobenetzung (Electrowetting) ganz einfach um. Beim Electrowetting bringt man Tröpfchen auf einer Oberfläche durch Anlegen einer Spannung dazu, ihre Form zu verändern, man wandelt also elektrische in mechanische Energie um. Beim umgekehrten Electrowetting wirkt man mechanisch auf die Tröpfchen ein, so dass sie ihre Form verändern und kann dabei mithilfe clever kombinierter Materialien eine elektrische Spannung erzeugen. In ihrem ersten Prototypen verwendeten die Wissenschaftler winzigste Metalltröpfchen aus einer Mischung von Gallium, Indium und Zinn, die sie durch Miniaturkanälchen laufen ließen. Aktuell arbeiten die Forscher mithilfe einer eigens gegründeten Firma daran, ihr System zu kommerzialisieren. Was noch nicht ganz geklärt ist, ist die Frage, wie man die Energie tatsächlich nutzen kann. Eine Möglichkeit ist ein Stecker am Schuh, in den man das Ladekabel des Handys direkt einstecken kann. Eine andere wäre, den Schuh sozusagen die energieintensive Empfangsarbeit übernehmen zu lassen und die Signale dann, etwa per Bluetooth, zum Handy zu übertragen. Selbiges würde dann bedeutend länger mit einer Akkufüllung auskommen, weil es kaum Energie aufbringen müsste, um sein Signal zu empfangen. Anstrengender wird das Gehen mit der Kraftwerkssohle übrigens wahrscheinlich trotz der abgegriffenen Energie nicht: Beim normalen Abrollen des Fußes wird der Anteil, den die Forscher nutzen wollen, in Form von Wärme frei. (Tom Krupenkin, J. Ashley Taylor, University of Wisconsin-Madison: Nature Communications, Bd. 2, Artikel 448, doi:10.1038/ncomms1454)

Vom Fuß zurück ins Gehirn: Dort scheint es nicht nur eine Region mit spezialisierten Zellen zu geben, die für das Erkennen von Gesichtern zuständig ist, sondern zusätzlich noch ein entsprechendes Areal für das Erkennen individueller Stimmen. Das schließen Wissenschaftler vom Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen zumindest aus Tests mit Rhesusaffen. Bei den Tieren beginnen bestimmte Nervenzellen, intensiv zu feuern, wenn sie die Stimmen von Artgenossen hören ? nicht jedoch, wenn ihnen andere Tierlaute vorgespielt werden, etwa das Wiehern von Pferden oder Hundebellen. Lokalisiert sind die Stimmzellen wie die für Gesichter zuständigen Neuronen im Schläfenlappen des Gehirns. Im Gegensatz zu den Gesichtszellen, die beim Anblick eines Gesichts meist gemeinsam aktiv werden, scheinen jedoch nicht alle Stimmzellen auf jede Stimme zu reagieren. Vielmehr sind offenbar bestimmte Zellen auf bestimmte Stimmen eingestimmt, sagen die Forscher. „Bisher“, sagt Studienleiterin Catherine Perrodin, „wurden Stimmen und die mündliche Kommunikation häufig nur im Zusammenhang mit Sprache untersucht. Dabei sind sie auch als nichtverbale Laute interessant.“ Zwar ist noch nicht klar, ob die Stimmverarbeitung beim Menschen genauso funktioniert. Da aber die Hirnregion im Schläfenlappen, in der die Stimmzellen beheimatet sind, bei Affe und Mensch prinzipiell gleich aufgebaut sind, halten die Forscher das für sehr wahrscheinlich. (Catherine Perrodin, MPI für biologische Kybernetik, Tübingen, et al.: Current Biology, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1016/j.cub.2011.07.028)

Zum Schluss noch eine wirklich? sagen wir mal: ungewöhnliche Variante von Familienplanung, die von Haushühnern gepflegt wird. Deren weibliche Vertreter sind normalerweise nicht gerade wählerisch, wenn es um ihre Geschlechtspartner geht. Zudem sind sie hin und wieder Opfer erzwungener Begattungen durch die Herren der Schöpfung. Dennoch können die Hennen offenbar mitbestimmen, wer nun der Vater ihres Nachwuchses sein soll, hat der bekannte Hühnerforscher Tommaso Pizzari von der Universität Oxford zusammen mit zwei Kollegen entdeckt: Die Hühner stoßen das Sperma von Hähnen, die ihnen nicht passen, kurzerhand wieder aus. Besonders häufig kommt das vor, wenn der Partner einen sehr niedrigen sozialen Rang bekleidet, beobachteten die Forscher. In diesen Fällen sorgen die Hennen auch dafür, dass möglichst viel Sperma ihren Körper ungenutzt verlässt. Warum sie nicht gleich darauf verzichten, sich mit den unerwünschten Partner zu paaren und sich die Mühe machen, erst hinterher ihre Auswahl zu treffen, können die Biologen bisher allerdings nicht beantworten. (Rebecca Dean, University of Oxford, et al.: The American Naturalist, Bd. 178, S. 343)

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wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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Hirn|an|hangs|drü|se  〈f. 19; Anat.〉 Drüse innerer Sekretion der Wirbeltiere, die im Bereich des Zwischenhirns an der Schädelbasis liegt u. beim Menschen zumeist etwa kirschkerngroß ist: Glandula pituitaria; Sy 〈kurz〉 Hirnanhang … mehr

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