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Auslese: Was Forscher diese Woche sonst noch entdeckt haben

Erde|Umwelt

Auslese: Was Forscher diese Woche sonst noch entdeckt haben
Es gibt mal wieder etwas Neues zum ewigen Thema „Kampf der Geschlechter“. Während Frauen laut einhelliger Forschermeinung besser darin sind, Details zu registrieren ? etwa eine neue Brille bei einem Kollegen ?, geschicktere Hände haben und in den meisten Sprachwettbewerben gewinnen, übertrumpfen Männer Frauen im Allgemeinen, wenn es um räumliche Zusammenhänge geht: Sie können sich besser orientieren und Entfernungen genauer abschätzen. Dieses überlegene Raumgefühl scheint dabei nicht nur das Auge zu schärfen, sondern auch das Ohr, hat jetzt ein Forscherteam aus Tübingen und Bochum gezeigt. Vierzig Freiwillige hatten in ihrer Studie versucht, die Richtung zu bestimmen, aus der alltägliche Geräusche an ihre Ohren drangen ? Hundegebell, Babygeschrei, Telefonklingeln, Lachen und der Ruf eines Kuckucks. Resultat: So lange nur ein Geräusch zu hören war, schnitten Männer und Frauen gleich gut ab. Sollte jedoch der Ursprung eines einzelnen Geräuschs aus einer Mischung verschiedener Laute herausgehört werden, ließen die Männer die Frauen messbar hinter sich. Offenbar sind sie also durchschnittlich besser in der Lage, einen Teil ihrer Aufmerksamkeit speziell auf räumliche Zusammenhänge zu fokussieren ? nicht nur auf gesehene, sondern auch auf gehörte. (Ida Zündorf, Universität Tübingen, et al.: Cortex, Bd. 47, S. 741)

Ein besonders feines Gehör braucht man nicht gerade, um eine winzige Wasserwanze namens Micronecta scholtzi zu hören: Das nur zwei Millimeter große Tierchen hält den Rekord für den lautesten Krach im Verhältnis zur Körpergröße, haben schottische Forscher gemessen. Ganze 99,2 Dezibel schafft die Wanze ? so viel wie ein ganzes Orchester, das direkt vor einem spielt. Der eigentliche Clou ist jedoch, wie das Tier den Krach erzeugt: Es reibt mit seinem Penis über eine geriffelte Oberfläche an seinem Bauch. Trotzdem können sich die Biologen nicht so ganz erklären, wie die Rekordwerte zustande kommen: Der Bereich auf dem Bauch der Wanzen ist winzig, nicht breiter als ein menschliches Haar, und es sei unklar, wie damit ein so lautes Geräusch erzeugt werden könne. (James Windmill, University of Strathclyde, et al.: Vortrag auf dem Jahrestreffen der britischen Society for Experimental Biology, Glasgow; Science, Online-Dienst)

Wer sich von Micronectas Paarungsrufen oder anderen lauten Geräuschen gestört fühlt, für den hat ein Psychologenteam von der Uni Jena einen Tipp: Lesen Sie einfach irgendwas. Denn wenn es um die Verarbeitung von Sinnesreizen geht, hat das Auge offenbar immer Vorfahrt vor dem Ohr. Das gilt sogar dann, wenn eine wütende Stimme zu hören ist ? ein Geräusch, das für das Gehirn normalerweise eine Art Alarmsignal ist. Wie die Forscher zeigen konnten, bringen Ärger oder Wut in einer Stimme im Allgemeinen eine Hirnregion auf Touren, die für das Erkennen und verarbeiten von Emotionen zuständig ist. Konzentriert man sich aber intensiv auf einen Seheindruck ? in der Studie zwei Symbole auf einem Bildschirm ? bleibt diese Reaktion überraschenderweise komplett aus. Offenbar stößt die automatische Verarbeitung emotionaler Reize ab einer bestimmten Informations-Menge an ihre Grenzen ? und in diesem Moment wird den visuellen Reizen die absolute Priorität eingeräumt. Wenn der in ein Buch oder die Zeitung vertiefte Partner also auch nach wiederholter, mittlerweile etwas gereizter Ansprache nicht reagiere, liege das nicht daran, dass er einen bewusst ignoriere ? er könne den anderen schlicht nicht hören, sagen die Wissenschaftler. (Martin Mothes-Lasch, Friedrich-Schiller-Universität Jena, et al.: The Journal of Neuroscience, Bd. 31, S. 9594)

Probleme mit dem Hören könnten auch ein wesentlicher Faktor beim Entstehen der Legasthenie sein: Ein britisches-Forscherteam hat jetzt Hinweise darauf gefunden, dass Kinder mit einer Schreib-Lese-Schwäche auch große Schwierigkeiten haben, Rhythmen in Melodien zu erkennen. Besonders der Unterschied zwischen betonten und unbetonten Tönen, der den Takt eines Musikstücks prägt, war für die 10-Jährigen sehr viel schwieriger herauszuhören als für gleichaltrige Kinder ohne die Lese-Schwäche ? selbst wenn es sich um ganz einfach strukturierte Melodien und Tonfolgen handelte. Das gleiche Prinzip verwendet das Gehirn auch, um einzelne Silben und Betonungen in gesprochener Sprache zu identifizieren, und genau diese Fähigkeit ist bei vielen Legasthenikern weniger gut ausgeprägt, erläutern die Forscher. Die Probleme beim Lesen gehen daher möglicherweise auf ein sehr viel grundlegenderes Unvermögen zurück, Strukturen in Lauten zu erkennen. Kinder schon möglichst früh mit Rhythmen und Musik vertraut zu machen, könnte daher helfen, spätere Probleme mit dem Lesen zu verringern, empfehlen die Wissenschaftler. (Martina Huss, University of Cambridge, et al.: Cortex, Bd. 47, S. 674)

Und zum Schluss noch eine gute Nachricht fürs Klima: US-Forscher haben entdeckt, warum Wallabys ? kleine Kängurus ? sehr viel weniger klimaschädigend sind als beispielsweise Kühe. Ein bestimmtes Bakterium in ihrem Verdauungstrakt sorgt dafür, dass sie pro Einheit aufgenommener Futterenergie 80 Prozent weniger Methan produzieren als Rinder. Die Mikrobe, getauft WG-1, ist Hauptbestandteil der Gruppe von Bakterien, die Beuteltieren helfen, ihre Pflanzennahrung vorzuverdauen. Auch Wiederkäuer nutzen dieses Prinzip, verwenden aber andere Mikrobengemeinschaften dafür. WG-1 hat anscheinen einen ungewöhnlichen Stoffwechsel: Als Endprodukt der Gärung produziert es Succinate, die Salze der Bernsteinsäure, und es scheint Kohlendioxid und Wasserstoff verwerten zu können, die sonst als Futter für methanproduzierende Bakterien dienen. Zudem kann es offenbar effizienter Energie aus der Nahrung gewinnen als andere Verdauungshelfer. Natürlich müsse der Keim noch genauer untersucht werden, betonen die Forscher. Sie können sich jedoch vorstellen, ihn künftig Kühen und Schafen als eine Art Probiotikum zu verabreichen ? und damit auch bei ihnen die Methanproduktion zu senken. (Phillip Pope, CSIRO Livestock Industries, Queensland Bioscience Precinct, St Lucia, et al.: Science, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1205760)

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wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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