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Empathie im Hühnerstall

Erde|Umwelt

Empathie im Hühnerstall
Auch Hühner sind zu einer rudimentären Form von Empathie fähig, haben britische Forscher entdeckt: Ist ihr Küken gestresst, reagiert eine Glucke mit Herzrasen und anderen Anzeichen für eine Stressreaktion. Offenbar merkt die Mutter also sofort, dass mit dem Nachwuchs etwas nicht stimmt, sagen die Wissenschaftler. Damit erfüllen Hühner die Grundvoraussetzung für Empathie: Die emotionale Verfassung des Kükens beeinflusst die Mutter, die daraufhin ähnliche Verhaltensweisen aktiviert. Die Ergebnisse sollen in Zukunft helfen, mit Tieren in der Zucht und bei Laborexperimenten besser umzugehen, schreiben die Veterinärmediziner.

Empathie – also die Fähigkeit, die Emotionen anderer nachzufühlen – gibt es nicht nur beim Menschen, sondern unter anderem bei Menschenaffen, Delfinen und, in begrenztem Umfang, bei Nagetieren. Die Forscher wollten nun der Frage nachgehen, ob auch Hühner mit ihren Artgenossen mitfühlen können. Sie wählten das Federvieh aus, weil die Vögel in der Geflügelhaltung und bei Laborversuchen sehr häufig den Stress von Artgenossen mitbekommen und darauf augenscheinlich ebenfalls gestresst reagieren. Laut der gängigen Theorie hat sich Empathie im Lauf der Evolution wohl als Instrument der Nachwuchsfürsorge entwickelt, und alle anderen Formen des Einfühlungsvermögens scheinen auf dem emotionalen Verständnis zwischen Mutter und Kind aufzubauen. Daher entschieden sich Joanne Edgar und ihre Kollegen, in ihrer Hühnerstudie ebenfalls Mutter-Kind-Paare zu untersuchen. Sie wollten dabei konkret ermitteln, ob und wenn ja, in welchen Verhaltensmustern und physiologischen Körperreaktionen sich Empathie bei Hühnern zeigt.

Die Forscher beobachteten das Verhalten von 32 Glucken und deren Küken. Zunächst stellten sie deren Tag-Nacht-Rhythmus über mehrere Wochen auf ein Verhältnis von 16 Stunden Helligkeit und 8 Stunden Dunkelheit ein. Außerdem gewöhnten sie die Glucken an einen Plastikgürtel, der später einen Sensor zum Messen des Herzschlags trug. Jede Henne setzten sie dann für 20 Minuten mit dem Küken in einen Käfig. In einer festgelegten Testprozedur attackierten sie das Küken dann zehn Minuten lang alle 30 Sekunden mit einem – harmlosen – Luftstoß aus einer Druckdose. Mit einer Kamera verfolgten die Forscher währenddessen das Verhalten von Henne und Küken. Außerdem nahm ein Sensor die Herzrate der Henne und eine Wärmebildkamera die Körpertemperatur auf.

Die Auswertung zeigte, dass die Hennen eindeutig auf ihr gestresstes Küken reagierten: Die Temperatur von Augen und Kamm fiel ab, die Hennen hörten während der zehnminütigen Testphase fast vollständig mit ihrer üblichen Federpflege nach und sie waren aufmerksamer und wachsamer. Die gleiche Reaktion zeigten die Hennen, wenn sie selbst angepustet wurden – mit einem Unterschied: Nur wenn das Küken offensichtlich litt, fing das Herz der Hennen an, heftiger zu schlagen. Wurden die Muttertiere indes selbst mit einem Luftstoß traktiert, stieg ihre Herzfrequenz nicht an.

Die Reaktionen der Hennen zeigen, dass sie eine starke Sensibilität gegenüber der Befindlichkeit ihrer Küken besitzen, folgern die Forscher. Diese feinen Antennen helfen ihnen vermutlich dabei, potenzielle Gefahren rechtzeitig zu erkennen und sich entsprechend auf eine Verteidigung des Nachwuchses einzustellen. Wie genau diese einfache Form der Empathie funktioniert, sei damit allerdings nicht geklärt. Man könne beispielsweise nicht sagen, ob die Hennen nur eine Art Interesse für die Situation ihrer Küken zeigen oder ob sie deren Stimmungslage – wie bei der Empathie beim Menschen – tatsächlich nachempfinden.

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Joanne Edgar (Universität in Bristol) et al: Proceedings of the Royal Society B, doi: 10.1098/rspb.2010.2701 dapd/wissenschaft.de – Martin Schäfer
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