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Mama, Hunger!

Erde|Umwelt

Mama, Hunger!
Wenn ein junger Webervogel Hunger hat, steht er vor einem echten Problem: Da er inmitten Hunderter anderer Küken lebt, muss er einen wiedererkennbaren, möglichst typischen Ruf ausstoßen, damit seine Eltern diesen aus den vielen anderen klar heraushören können. Gleichzeitig muss er diesen Ruf jedoch so verändern, dass klar wird, wie hungrig er ist und dass er dringend mit Futter versorgt werden möchte. Wie den Vögeln diese Gratwanderung gelingt, hat jetzt ein deutsch-schweizerisches Forscherduo herausgefunden: Die Küken entwickeln bereits im Nest eine ganz individuelle Art und Weise des Rufens, mit der sich die Eltern vertraut machen. Verlassen sie dann das Nest, beginnen sie, diese Laute wiederum auf eine ganz individuelle Art und Weise zu verändern, um ihr aktuelles Befinden zu vermelden – sie fügen etwa Elemente hinzu oder erhöhen die Lautstärke. Lediglich zwei Dinge haben diese Hungersignale gemeinsam: Sie sind lauter und drängender als die normalen Rufe, berichten Hendrik Reers vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und Alain Jacot von der Schweizerischen Vogelwarte in Sempach.

Jackson-Weber sind in Afrika lebende Kolonienbrüter. Eine Brutkolonie kann aus bis zu 200 Nestern bestehen, wobei die Webervögel pro Gelege zwei bis drei Eier legen. Das heißt, dass zeitgleich Hunderte von Küken auf engstem Raum nach ihren Eltern rufen. Da ist es für die Vogeljungen überlebenswichtig, sich deutlich zu erkennen zu geben, damit die futterbeschaffenden Eltern sie von fremden Küken unterscheiden können. Das gelingt ihnen durch Kontaktrufe, für die sie einen Pfeifton und einen Triller kombinieren. Die Ruflaute der einzelnen Vogeljungen unterscheiden sich dabei voneinander, wodurch die gefiederten Eltern ihre Sprößlinge leicht finden können.

Um herauszufinden, wie die Vogeljungen ihren Hunger kundtun, haben die Wissenschaftler am Baringosee in Kenia eine Brutkolonie von Jackson-Webern beobachtet: Sie stellten Kameras und Mikrofone auf und nahmen vorübergehend insgesamt 49 Küken aus 29 Nestern heraus, um den Kleinen kurzzeitig die Nahrung zu entziehen und ihre Hungerrufe zu analysieren. „Als die Küken hungriger wurden, wurden ihre Rufe lauter und energischer – wie man es von jedem hungrigen Baby erwarten würde“, erklärt Studienleiter Reers. „Dabei hatte jedes Vogeljunge seine eigene Art, den normalen Kontaktruf in einen Hungersruf zu verwandeln.“ Je hungriger die Nesthäkchen waren, desto individueller wurde ihr Gesang. Allen gleich war allerdings, dass sie bei Hunger die Länge, die Tonlage und Amplitude ihrer Rufe veränderten. Außerdem verkürzten sie die Pfeifton-Phase und fügten zusätzliche Triller ein.

Der Trick, sich in einer riesigen Brutkolonie erfolgreich bemerkbar zu machen, sei es demnach, eine ganz eigene Melodie auf eine ganz eigene Weise zu singen, schreiben die Wissenschaftler. Allerdings: „Die Eltern müssen mit den bettelnden Rufen ihres Nachwuchs gut vertraut sein, um genau abschätzen zu können, wie hungrig die Küken sind“, meint der Ornithologe.

Hendrik Reers (Max-Planck-Institut für Ornithologie, Seewiesen) und Alain Jacot (Schweizerische Vogelwarte, Sempach): BMC Ecology, Bd. 11, Nr. 3 dapd/wissenschaft.de ? Peggy Freede
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