Geben und Nehmen
Und der hat es in sich, denn die Nacktschnecken folgen dabei dem Motto „doppelt gemoppelt hält besser“: Die beiden Partner legen sich längs nebeneinander und stülpen eine Art Anhängsel aus, das jeweils beide Geschlechtsorgane enthält. Dann führt die eine Schnecke ihren Penis in die Vagina der anderen ein und umgekehrt. Jedes Tier überträgt bei einer Paarung also einerseits seinen Samen und erhält andererseits auch welchen vom Partner eine sehr effektive Strategie für die Fortpflanzung.
Eine echte Überraschung erlebten die Biologen dann aber nach der Paarung: Eine Zeitlang schwammen die Schnecken noch mit dem gut sichtbaren, verlängerten Penis herum und dann warfen sie ihn einfach ab. Das passierte im Schnitt 20 Minuten, nachdem sich die beiden Partner getrennt hatten, berichtet das Team. Allerdings war damit keineswegs alles zu Ende: Bereits knapp 24 Stunden später konnten die Schnecken wieder ran nur um anschließend ihren Penis erneut abzustoßen.
Ersatz ist immer dabei
Erst eine genauere anatomische Untersuchung verriet den Forschern dann das Geheimnis der Nacktschnecken: In ihrem Körper befindet sich, spiralförmig aufgerollt, schlauchförmiges Ersatzgewebe für den Penis. Allerdings scheint es grundsätzlich in einer unreifen Form vorzuliegen, bei der sich immer nur der vorderste Teil zum gebrauchsfertigen Geschlechtsorgan entwickelt. Wird dieser Teil nach der Kopulation abgestoßen, benötigt das nächste Stück besagte 24 Stunden, um vollständig auszureifen. Unendliche Reserven besitzen die Schnecken allerdings nicht: Die Forscher schätzen, dass nach dreimal Penisnachwachsen Schluss sein müsste. Mehr als drei Paarungen habe man auch kein einziges Mal beobachten können, berichten sie.
Doch damit noch nicht genug der Merkwürdigkeiten von C. reticulatas Liebesleben: Als die Wissenschaftler die abgeworfenen Geschlechtsteile genauer unter die Lupe nahmen, entdeckten sie, dass sie übersät waren mit winzigen, nach hinten gerichteten Widerhaken und dass an diesen Haken eine beachtliche Menge Sperma klebte. Es könnte sich bei den Häkchen also um eine Art Versicherung dafür handeln, dass auch tatsächlich der eigene Samen zum Zuge kommt, spekuliert das Team. Denn C. reticulata paart sich nicht nur mit einem Artgenossen, sondern meist mit mehreren und bewahrt deren Sperma auf. Gelingt es einem Partner also, mit Hilfe der Häkchen den unerwünschten Samen der Konkurrenz wieder aus dem Körper des oder der Auserwählten zu entfernen, steigen die eigenen Chancen. Belege für dieses Szenario haben die Forscher allerdings noch nicht dazu müssen sie erst eine Art Vaterschaftstest an dem gefundenen Sperma durchführen.