Sie wirken für das Erbgut wie eine Art Schutzkappe, denn bei jeder Zellteilung verkürzt sich der DNA-Faden eines Chromosoms um ein Stückchen. Solange dabei lediglich die Telomere an Länge einbüßen, ist das unproblematisch für die Zelle. Unterschreiten sie jedoch eine kritische Länge, würde bei der nächsten Zellteilung wichtige genetische Information verlorengehen Zeit für die Zelle, zum Schutz ihrer Nachbarn und des Körpers ihr Selbstmordprogramm einzuleiten. Die Länge der Telomere kann also wie eine molekulare Uhr Auskunft über das Alter einer Zelle geben.
Auftritt der Siebenschläfer
Genau auf diese molekulare Uhr konzentrierten sich jetzt auch die Wissenschaftler um Thomas Ruf und Claudia Bieber von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Ihre Probanden waren 19 Siebenschläfer, die in einem Freigehege in der Nähe der Universität lebten. 12 der Tiere waren zu Studienbeginn nicht einmal ein Jahr alt und befanden sich noch im Wachstum. Die restlichen waren erwachsen und zwischen drei und sechs Jahren alt.
Für ihre Studie entnahmen die Wissenschaftler bei jedem Siebenschläfer drei Gewebeproben aus dem Ohr: eine im September vor Beginn der über achtmonatigen Winterschlafphase, eine im Juni nach dem Winterschlaf und eine im August, also nach der aktivsten Zeit des Jahres, in der die Tiere intensiv auf Nahrungssuche gehen und auch ihre Jungen zur Welt bringen. Das Team verglich dann die Telomerlänge der verschiedenen Proben und rechnete aus, wie stark sich die Chromosomenenden pro Tag während der einzelnen Perioden verändert hatten.
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
Das erste, was die Wissenschaftler bei der Auswertung bemerkten, war: Man darf im übertragenen Sinn nicht alle Siebenschläfer in einen Topf werfen. Denn bei den jungen Tieren sahen die Daten völlig anders aus als bei den älteren. Bei ihnen nahm die Telomerlänge im Sommer, während der aktiven Phase, drastisch ab, während sie sich in der Ruhephase im Winter kaum veränderte. Bei den erwachsenen Nagern war im Winter dagegen eine ganz leichte Abnahme der Länge zu verzeichnen, während die Telomere im Sommer sogar an Länge gewannen. Vermutlich spielt bei den Jungtieren das Wachstum noch eine wichtige Rolle, erläutert das Team es sorgt für deutlich mehr Zellteilungen und auch eine höhere Stoffwechselaktivität, was beides zu einer rascheren Verkürzung der Telomere führt. Bei den älteren überwiegt dagegen offenbar der Einfluss der Telomerase, eines Enzyms, das der unvermeidlichen Verkürzung entgegenwirkt.
Trotz dieser Komplikationen bei der Auswertung fanden die Forscher auch einen direkten Zusammenhang zwischen Telomerlänge und Winterschlaf, und zwar beim Vergleich der einzelnen Tiere. Je mehr Gewicht die Siebenschläfer nämlich während des Winters verloren hatten, desto schneller verkürzten sich auch ihre Telomere. Der Gewichtsverlust wiederum ist ein Maß für die Aktivität der Nager: Je häufiger sie aus ihrem Tiefschlaf erwachen, desto mehr muss ihr Stoffwechsel arbeiten und desto mehr Körperfett verbrauchen sie auch. Man könne also resümierend sagen: Der Telomerabbau und damit der Alterungsprozess waren bei den Tieren, die den tiefsten und ungestörtesten Winterschlaf hatten, stärker verlangsamt als bei ihren unruhigeren Artgenossen. Der Winterschlaf sei damit offenbar ein spezieller körperlicher Zustand, der dazu dient, in Zeiten schlechter äußerer Bedingungen alle Ressourcen zu schonen und den Körper möglichst fit zu halten für die nächste Aktivitätsphase.