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Mit der Nase auf Patrouille

Erde|Umwelt

Mit der Nase auf Patrouille
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Das Revier der Immunzellen. Die Abbildung zeigt eine spezielle Aufnahme von Hautgewebe: Blutgefäße (rot), Lymphgewebe (grün) und der Signalstoff Chemokin CCL21 (blau) Credit: Image courtesy of Michele Weber and Michael Sixt
Sie durchstreifen ein unübersichtliches Revier: Auf der Suche nach Krankheitserregern verlassen die Immunzellen den Blutkreislauf und patrouillieren durch Gewebe und Organe. Anschließend kehren sie über die Lymphgefäße wieder in den Blutstrom zurück, um andernorts auf Verbrecherjagd zu gehen. Doch wie finden sie den Weg zurück zu den Lymphgefäßen? Eine aktuelle Studie belegt erstmals experimentell, dass sich Immunzellen am Konzentrationsgefälle von Signalstoffen orientieren – sie erschnüffeln beziehungsweise ertasten sich also den Weg.

Schon seit Längerem vermuten Forscher, dass Immunzellen die chemische Zusammensetzung ihrer Umgebung entweder durch „Ertasten“ von Strukturmolekülen erfassen oder indem sie Signalmoleküle in löslicher Form „riechen“ – das hatten Untersuchungen an Zellkulturen vermuten lassen. Die Orientierung nach dem Riech-Prinzip könnte dabei ähnlich funktionieren wie die Suche nach einer Blume in einem finsteren Raum – der Duft weist die Richtung. Da der Geruch näher zur Quelle größer wird, orientiert sich die Immunzelle am Konzentrationsgefälle eines gelösten Signalmoleküls, so die Annahme. Nun konnten die Forscher um Michael Sixt vom österreichischen Institute of Science and Technology erstmals in Hautgewebe von Mäusen zeigen, wie sich Immunzellen zielgerichtet durch komplexes Gewebe bewegen.

Wo geht`s hier zum Lymphgefäß?

Den Ergebnissen zufolge verwenden die Immunzellen bei der Patrouille durch das Hautgewebe tatsächlich eine Kombination von Tasten und Riechen. Sie folgen dabei dem Konzentrationsgefälle von Signalmolekülen, die aber nicht löslich, sondern an Zuckermoleküle im Bindegewebe gebunden sind. Als die Forscher die Immunzellen und den Signalstoff Chemokin CCL21 markierten, beobachteten sie, dass das Chemokin ausschließlich von Lymphgefäßen ausgeht. Es verbreitet sich im umliegenden Gewebe und bildet dadurch ein Konzentrationsgefälle. Es bleibt aber nicht mobil wie ein Geruchsstoff, sondern verankert sich dauerhaft an Zuckermolekülen.

Die Forscher kamen dem System auf die Spur, indem sie Karten der Chemokinverteilung erstellten und mit den Wanderrouten der Zellen verglichen. Wie sich herausstellte, finden die Immunzellen ihren Weg zum nächsten Lymphgefäß, indem sie die Konzentration des Chemokins auf ihrer Oberfläche erfassen und sich dann in Richtung der höheren Konzentration weiterbewegen. Um das zu überprüfen, „überschwemmten“ die Forscher das Testgewebe mit Chemokin. Das Ergebnis bestätigte die Vermutung: Die Immunzellen irrten umher – sie waren nicht mehr in der Lage, das Lymphgefäß zu finden.

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Dass die Signalmoleküle nicht löslich vorliegen, sondern an Bindegewebsmoleküle gebunden sind, hat einen überzeugenden Grund: Wäre der wegweisende Stoff löslich, würde Druck auf das Gewebe Flüssigkeitsturbulenzen verursachen, die das Gefälle zerstören. Eine verankerte Leitstruktur ist dagegen unempfindlich.

Laut den Forschern könnten die Ergebnisse wichtige Informationen für die Entwicklung von Therapien und Medikamenten liefern. Michael Sixt betont: „Es ist wichtig zu verstehen, wie sich Immunzellen bewegen und orientieren. Nur dann können wir sinnvoll über Strategien nachdenken, um ihr Verhalten gezielt zu beeinflussen.“

Michael Sixt (Institute of Science and Technology) et al.: Science, 10.1126/science.1228456 © wissenschaft.de – Martin Vieweg
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