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Auge in Auge

Erde|Umwelt

Auge in Auge
Mensch und Fliege nutzen beim Sehen ein ähnliches System der Bildverarbeitung: Nervenzellen in den Augen der Insekten spalten ebenso wie bei Wirbeltieren das Gesehene auf und erzeugen daraus parallele Bildsequenzen, die an das Gehirn gesendet werden. Dieses damit offenbar sehr alte Funktionsprinzip haben jetzt Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried bei Taufliegen (Drosophila melanogaster) nachgewiesen. Diese Art der Verschaltung beim Sehen ist vermutlich besonders energiesparend und wurde daher während der Evolution über die verschiedensten Tierarten hinweg beibehalten, vermuten die Forscher. Über ihre Ergebnisse berichtet das Team um Alexander Borst.

In jeder Sekunde nehmen die Augen eine Vielzahl an Eindrücken auf, die von den Lichtsinneszellen in elektrische Signale umgewandelt werden. Es ist bekannt, dass wie bei allen Wirbeltieren auch im menschlichen Auge Nervenzellen das Gesehene bereits in der Netzhaut in verschiedene Bildkanäle auftrennen. Diese vorsortierten Informationen werden dann als parallele Bildsequenzen an das Gehirn weitergeleitet. Um zu prüfen, ob auch Insekten dieses Prinzip nutzten, setzten die Forscher die Fliegen in eine Art Kino: Sie zeigten ihnen Streifenmuster, während sie die elektrischen Reaktionen der Augenzellen aufzeichneten.

Die verschiedenen Kontrastveränderungen, die durch die Streifenbewegung auftreten, werden von den Fotorezeptoren des Auges wahrgenommen. Weitergeleitet werden sie dann von Nervenzellen, den sogenannten Laminazellen, von denen jeweils fünf – bezeichnet mit L1 bis L5 – direkt hinter jeder Sinneszelle liegen. In ihrem Test setzten die Wissenschaftler nun einzelne dieser Laminazellen außer Gefecht, während die Fliege bewegte Muster sah. Ergebnis: Offenbar sind die Zellen L1 und L2 die Haupteingangskanäle in das Bewegungssehsystem der Fliege. Das Spannende dabei: Die Zellen übertragen jeweils nur bestimmte Teilinformationen. So reagiert L1 beispielsweise nur bei Helligkeit, während L2 nur die Information über eine sich bewegende Hell-Dunkel-Kante, also ein Licht-aus-Signal, überträgt. Dies ist eine eindeutige Parallele zum Wirbeltierauge, wo sogenannte ON- und OFF-Bipolarzellen ebenfalls nur auf gerichtete Kontrastveränderungen reagieren.

„Es kann kein Zufall sein, dass wir dieses Aufspalten von Kontrastinformation bei allen Wirbeltieren und jetzt auch bei Fliegen finden“, sagt Alexander Borst. Der Neurobiologe hat auch schon eine Theorie, warum diese Verschaltung von der Evolution so konsequent beibehalten wurde: „Das Gehirn spart auf diese Weise Energie. Würde nur eine Zelle die Information über die verschiedenen Kontraständerungen weiterleiten, müsste sie eine Grundspannung halten, die sich bei ‚Licht an‘ verstärkt und bei ‚Licht aus‘ abschwächt. Solch eine Grundspannung kostet Energie. Zwei Zellen zu haben, ist daher effizienter, denn sie brauchen jeweils nur dann aktiv zu werden, wenn ‚ihre‘ Kontraständerung auftritt.“

Alexander Borst (Max-Planck-Instituts für Neurobiologie, Martinsried) et al.: Nature, Onlinevorabveröffentlichung, doi:10.1038/nature09545 dapd/wissenschaft.de ? Martin Vieweg
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