Wie genau und mit welcher Geschwindigkeit sich Unterschiede zwischen Populationen aus verschiedenen Gegenden entwickeln, hat nun eine Wissenschaftlerin aus den USA untersucht. Elizabeth Derryberry von der Duke University in Durham nahm zu diesem Zweck das Antwortverhalten von Sperlingsvögeln der Art Dachs-Ammer (Zonotrichia leucophrys). Bei dieser amerikanischen Singvogelart lernen und singen die Männchen typischerweise nur ein Lied. Die meisten Individuen innerhalb einer Population verwenden dieselbe Tonart. Sowohl die Tonart als auch die Tonfolge der Ammern anderer Bestände unterscheiden sich hiervon allerdings deutlich. Die Untersuchung der zeitlichen Entwicklung des Gesangs zeigte: Die Anordnung der Töne blieb über mehrere Jahrzehnte konstant, aber Tempo und Frequenz veränderten sich.
Die Biologin spielte nun männlichen Dachs-Ammern ein Repertoire charakteristischer Töne von Artgenossen aus verschiedenen Regionen vor, um die Reaktion der Vögel zu beobachten. Die Lokalpopulation lebt am Tioga Pass in Kalifornien. Die Aufnahmen enthielten neben aktuellen Gesängen dieser Vögel auch die Klangmuster einer benachbarten und einer in 600 Kilometer Entfernung lebenden Population. Zudem spielte die Forscherin den Singvögeln das Gezwitscher der Lokalpopulation aus den Jahren 1970, 1978 und 1996 vor. Ergebnis: Die Männchen reagierten am stärksten auf die aktuellen lokalen Lieder. Weniger deutlich fiel die Antwort sowohl auf alte lokale Lieder als auch auf die Gesänge der benachbarten Population aus. Das Gezwitscher der weit entfernt lebenden Bestände ignorierten sie komplett.
Vermutlich passen die Männchen ihre Reaktion an, je nachdem wie stark sich die vorgespielten Tonsignale von den eigenen unterscheiden. Da die Abweichung bei den benachbarten Beständen denen der rund 30 Jahre alten Lieder der eigenen Population ähnelt, lässt sich daraus die zeitliche Entwicklung ableiten. “Die Veränderung entsteht innerhalb einer kurzen Zeitspanne von 12 bis 24 Generationen”, erklärt Derryberry.