Biologin Cremer und ihr Team vom Institut für Zoologie der Universität Regensburg untersuchten nun, welchen Einfluss die genetische Vielfalt eines Ameisenstaates auf dieses Schutzverhalten vor Krankheiten hat. Dazu sammelten sie Ameisen der tropischen Art Cardiocondyla obscurior und züchteten in einem Zeitraum von vier Jahren acht Kolonien mit hoher und acht Kolonien mit geringer genetischer Vielfalt. In einer Kolonie mit geringer genetischer Varianz gab es nur eine einzige Königin, und nur Geschwister konnten sich untereinander fortpflanzen. Kolonien mit hoher genetischer Vielfalt besaßen dagegen drei bis zwanzig Königinnen, deren Nachwuchs sich beliebig untereinander fortpflanzen konnte.
Nach der Züchtungszeit brachten die Forscher entweder lebende oder tote Pilzsporen auf einer bestimmten Anzahl der Ameisenlarven auf und beobachteten anschließend das Verhalten der Ameisen. Während sich die Tiere der verschiedenen Kolonien nicht darin unterschieden, wie oft sie sich selbst und andere Ameisen putzten, verhielten sie sich gegenüber den Larven je nach genetischer Varianz sehr unterschiedlich: In den genetisch abwechslungsreichen Kolonien putzten die Ameisen ihre Larven deutlich häufiger, und zwar insbesondere in den ersten 29 Stunden nach der Behandlung mit Pilzsporen. Darüber hinaus reinigten sie die mit lebenden Pilzsporen befallenen Larven deutlich intensiver als die mit toten Pilzsporen behandelten.
Zwar entfernten die Ameisen in beiden Kolonie-Arten Larven, die mit lebenden Pilzsporen befallen waren, irgendwann aus der Brutkammer. Allerdings reagierten die Tiere aus genetisch diversen Kolonien deutlich schneller: Sie wurden innerhalb der ersten 24 Stunden aktiv, während Ameisen aus den genetisch homogenen Staaten erst wesentlich später reagierten.
?Aus den Ergebnissen können wir schließen, dass Inzucht eine frühzeitige und effektive Verteidigung gegen Krankheitserreger in Ameisenkolonien verhindert?, schreiben die Forscher. Genetische Vielfalt sei daher eine wichtige Voraussetzung, damit ein Ameisenstaat überleben und effektiv auf Umweltgefahren reagieren könne.