Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Waffen-Patente bei Bakterien geklaut

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Waffen-Patente bei Bakterien geklaut
14-11-24 Zecke.jpg
Zecke. Credit: Matt Pinski/University of Washington
Bakterien giften sich untereinander buchstäblich an: Beim Machtkampf im Mikrokosmos bekämpfen sich konkurrierende Arten gegenseitig durch spezielle Toxine. Nun haben Forscher genetische Baupläne dieser eigentlich bakteriellen Giftstoffe im Erbgut von Zecken und Milben entdeckt. Demnach kam es offenbar in einigen Fällen zu einem Gen-Transfer zwischen Mikrobe und Tier. Die Zecken eigneten sich auf diese Weise eine Waffe an, mit der sie Borreliose-Erreger in ihrem Körper in Schach halten, zeigen Experimente.

Die Forscher um Joseph Mougous von University of Washington in Seattle sind bereits seit einiger Zeit den Gift-Waffen von Bakterien auf der Spur. Für die Produktion der Substanzen sind bestimmte Erbanlagen in den Mikroben verantwortlich. Um neue Varianten dieser Toxin-Gene aufzuspüren, stöberten die Forscher in genetischen Datenbanken, die neben Erbanlagen von vielen Bakterienarten auch Gensequenzen vieler anderer Lebewesen umfassen. „Wir waren sehr überrascht, als wir bei unseren Recherchen in den Genomdatenbanken typisch bakterielle Toxin-Gene bei einigen Tieren fanden“, berichtet Team-Mitglied Matt Daugherty. „Das weckte natürlich unsere Neugier“.

Durch genetische Nachweismethoden konnten die Forscher dann schließlich zeigen: Die Toxin-Gene im Erbgut der sechs Tierarten stammten tatsächlich ursprünglich einmal von Bakterien. Sie sind demnach irgendwann durch einen Gentransfer vom Erbgut der Mikroben in das Genom der Tiere übergegangen. Unter Bakterien ist solch ein genetischer Austausch nichts Ungewöhnliches, doch der Sprung ins Erbgut von höheren Organismen ist bisher nur sehr selten dokumentiert worden.

Zecken, Gentransfer und die Lyme-Borreliose

Unter den Tieren, bei denen die Forscher bakterielle Toxin-Gene im Erbgut nachweisen konnten, war auch ein berüchtigter Krankheitsüberträger: die Zecke. Denn die Blutsauger können bei einem Stich ihre Opfer mit Lyme-Borreliose infizieren. Diese Erkrankung wird durch ein Bakterium verursacht, das in ihrem Darm und der Speichelflüssigkeit haust. Mancherorts sind bis zu 35 Prozent der Zecken betroffen. Für die Tiere selbst ist der Bakterienbefall dabei kein Problem. „So ergab sich die Frage, ob das Toxin möglicherweise die Entwicklung der Borrelien in der Zecke beeinflusst“, sag Co-Autor Seemay Chou.

Um dieser Fährte nachzugehen, untersuchten die Forscher zunächst, ob Zecken die Toxin-Gene überhaupt zu Giftstoff umsetzen. Ergebnis: Die Substanz sammelt sich tatsächlich in Darm und Speichel der Krabbler an. Doch welche Funktion hat sie hier? Um diese Frage zu beantworten, entwickelten die Wissenschaftler genetisch veränderte Zecken, die das Toxin nicht mehr bilden konnten. Tests mit diesen Tieren ergaben: In ihnen entwickeln sich deutlich mehr Borreliose-Erreger als in normalen Zecken. Daraus folgerten die Forscher, dass Zecken den Wirkstoff benötigen, um die übermäßige Vermehrung der Bakterien in ihrem Körper zu verhindern.

Anzeige

„Wir wollen nun durch weitere Untersuchungen herausfinden, welche Rolle die Toxine konkret bei der Übertragung von Borreliose spielen“, sagt Chou. Außerdem suchen die  die Forscher nun nach weiteren Tierarten, die sich am Waffenarsenal von Bakterien bedient haben. „Es würde mich nicht wundern, wenn wir noch mehr Fälle von horizontalem Gentransfer aufdecken würden“, so der Forscher.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Ne|ben|schluss  〈m. 1u; El.〉 = Parallelschaltung

Os|teo|plas|tik  〈f. 20; Med.〉 (Schließung von Knochenlücken durch) Knochenersatz

Re|so|nanz  〈f. 20〉 1 〈Phys.〉 Mitschwingen, Mittönen eines Körpers durch auf ihn einwirkende Schwingungen gleicher Wellenlänge (kann beim ungebremsten Anwachsen zur Resonanzkatastrophe führen) 2 〈Chem.〉 das Hin– u. Herschwingen von Elektronen innerhalb von ungesättigten Molekülen; … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige