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Wie die Maus das Gift überwand

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Wie die Maus das Gift überwand
Seit den 1950er-Jahren bekämpft der Mensch Mäuse mit einem Gift namens Warfarin. Doch der große Erfolg des Mittels hielt nicht lange an ? Mäuse feierten schon bald ein Comeback, denn die Nager hatten eine Resistenz gegen das Gift entwickelt: Eine Mutation im Genom der Tiere machte das Warfarin wirkungslos. Nun zeigt eine Untersuchung von Wissenschaftlern aus den USA und Deutschland, dass einige Populationen der europäischen Hausmaus (Mus musculus domesticus) die Resistenz nicht durch die Mutation innerhalb der Art erworben haben, sondern gleichsam auf Umwegen dazu gekommen sind: Sie haben sie von der algerischen Steppen-Maus (Mus spretus) geerbt, die schon immer eine natürliche Widerstandsfähigkeit gegen das Gift besaß. Normalerweise können die beiden Mausarten keine fruchtbaren Nachkommen hervorbringen, doch offenbar hat das doch irgendwann einmal funktioniert. So konnte die europäische Maus von der Giftresistenz der nordafrikanischen Vettern profitieren, berichten die Forscher um Michael Kohn von der Rice University.

Bisher gingen Experten von einer innerartlichen Mutation im Erbgut der Hausmaus aus, die sie in die Lage versetzte, das Warfarin unschädlich zu machen. Die Giftwirkung der Substanz beruht auf einer Störung des Vitamin-K-Recyclings und der Blutgerinnung der Nager. Liegt eine bestimmte Mutation oder Gen-Variante in den Erbanlagen für den sogenannten Vitamin-K-Epoxid-Reduktase-Enzym-Komplex vor, sind die Mäuse vor der tödlichen Wirkung geschützt.

Dieser innerartlichen Resistenzbildung waren die Forscher auf der Spur, als ihnen eines Tages eine Maus aus einer warfarinresistenten Population zugeschickt wurde, deren Widerstandskraft auf einer ungewöhnlichen Gen-Variation beruhte. Vergleiche zeigten, dass dieses Resistenz-Gen bisher nur von der algerischen Maus bekannt war ? es kann also nur über eine Kreuzung der beiden Tierarten in die Hausmaus gelangt sein. Die algerische Maus besaß dagegen schon immer Widerstandskraft gegen Warfarin. Die Wissenschaftler vermuten als Ursache der natürlichen Resistenz eine Anpassung an den Vitamin-K-Mangel, der typischerweise durch die Nahrung der steppenbewohnenden Nager entsteht.

Vermutlich hat die fruchtbare Kreuzung der Mausarten irgendwo in Nordafrika oder Südspanien stattgefunden, wo beide parallel vorkommen, vermuten die Forscher. “Zwischen diesen Spezies liegen etwa 1,5 bis 3 Millionen Jahre Evolution”, betont Michael Kohn. Meist seien Nachkommen zwischen entfernt verwandten Arten eine Sackgasse, weil sie zu sterilen Nachkommen führen, erklärt der Biologe. Bekanntes Beispiel sind Esel und Pferd: Aus der Kreuzung dieser beiden Tierarten entstehen Maultiere, die nur in sehr seltenen Ausnahmen selbst fortpflanzungsfähig sind.

?Wie unsere Ergebnisse belegen, kann die Natur auch Ausnahmen erfolgreich für sich nutzen?, sagt Kohn. Resistenzen können demnach auf zwei Wegen in einer Art entstehen: durch Mutationen innerhalb der Art und durch die Übertragung von Genen zwischen den Arten.

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Ying Song (Rice University, Houston) et al.: Current Biology, Bd. 21, S. 1?6, doi: 10.1016/j.cub.2011.06.043 wissenschaft.de – Martin Vieweg
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