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Auslese: Was Forscher diese Woche sonst noch entdeckt haben

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Auslese: Was Forscher diese Woche sonst noch entdeckt haben
Diese Woche: Warum man seine Kreditkarte beim Frustshoppen zu Hause lassen sollte, was der Auszug aus Afrika mit einem Risikogen zu tun hatte, wie Kaffee das Brustkrebsrisiko beeinflusst sowie ein Jungbrunnen für die Lunge, das Geheimnis probiotischer Bakterien und das üble Schicksal der ersten Hunde in Amerika.

Zuerst eine eher schlechte Nachricht: Ein Schlag gegen das Selbstbewusstsein kann auch dem Geldbeutel einen heftigen Schlag versetzen, hat ein britisch-amerikanisches Forscherduo gezeigt. Denn wer kritisiert wird oder sich herabgesetzt fühlt, neigt dazu, sich mit dem Kauf edler Luxusgüter zu belohnen und dabei kaum auf den Preis zu achten. Das gilt allerdings nur dann, wenn man mit einer Kreditkarte bezahlen kann, und zwar aus einem interessanten Grund: Wenn man Bargeld weggibt, erleidet man eine Art Trennungsschmerz ? und wer sich ohnehin schon nicht besonders gut fühlt, wird tunlichst dafür sorgen, dieses unangenehme Gefühl nicht auch noch hervorzurufen. Es sei also nicht zu empfehlen, bei eher mieser Stimmung seine Kreditkarte zu einem ausgedehnten Einkaufsbummel mitzunehmen, denn dann steigt sowohl die Wahrscheinlichkeit, dass man etwas Teures kauft, als auch der Betrag, den man dafür auszugeben bereit ist, resümieren die Wirtschaftspsychologen. (Nathan Pettit, Cornell University, Ithaca, und Niro Sivanathan, London Business School: Social Psychological and Personality Science, doi: 10.1177/1948550610385138)

Vom Einkaufszentrum zurück zu den Anfängen der Menschheit: Ein US-Forscherteam glaubt, dass die Menschen vor dem Auswandern aus Afrika und der folgenden Besiedelung der Erde sehr viel vorsichtiger waren als heute. Dahinter steckt ihrer Ansicht nach das Wirken der natürlichen Selektion auf ein Gen, das den Bauplan für eine Andockstelle des Botenstoffs Dopamin im Gehirn trägt. Es kommt in verschiedenen Varianten vor ? solchen, die mit einer ruhigen, vorsichtigen Persönlichkeit in Zusammenhang gebracht werden und solchen, die eher bei extrovertierten Menschen gefunden werden. Letztere hatten auf dem gefährlichen, unbekannten Weg hinaus in die Welt, den Homo sapiens vor etwa 50.000 Jahren antrat, vermutlich die besseren Karten: Sie waren risikobereiter und neugieriger und eroberten daher auch eher unbekanntes Terrain. Je weiter die Menschen sich dabei von Afrika entfernten, desto stärker dominierte dieser Persönlichkeitstyp die Gruppen ? und desto häufiger gab er auch seine Gene weiter. Dieses Muster könne man heute noch sehen, sagen die Forscher nach einer Untersuchung von 18 Ureinwohnerpopulationen, die entlang der damaligen Wanderroute von Afrika nach Europa und Asien leben: Die Häufigkeit der Genvarianten für den risikobereiten Typ nimmt mit zunehmendem Abstand von Afrika zu. (Luke Matthews, Harvard University, und Paul Butler, Boston University: American Journal of Physical Anthropology, doi: 10.1002/ajpa.21507)

Diese Woche bescherte uns auch mal wieder eine Meldung aus der Kategorie: Was Kaffee so alles (nicht) kann. Diesmal geht es um Brustkrebs: Eine schwedische Studie unter Beteiligung des DKFZ und der Uni Hamburg hat gezeigt, dass das Risiko für Kaffeetrinkerinnen, nach der Menopause eine bestimmte Art von Brustkrebs ? Östrogenrezeptor negativen ? zu bekommen, geringer ist als das für Kaffee-Abstinenzlerinnen. Zu sehen war der Effekt bei einem täglichen Kaffeekonsum von fünf Tassen à 150 Milliliter oder mehr. Im Gegensatz zu vielen anderen der mit schöner Regelmäßigkeit erscheinenden Kaffee-Studien hat diese jedoch einige Stärken: Die Wissenschaftler untersuchten eine wirklich große Gruppe von über 2.800 Brustkrebspatientinnen und mehr als 3.100 Kontrollpersonen, und die Ergebnisse wurden in einer zweiten Kohorte verifiziert, wo der Trend ebenfalls zu sehen war, wenn auch weniger ausgeprägt. Außerdem fanden sich bereits in der Vergangenheit in den verschiedensten Studien immer wieder Hinweise auf einen solchen Schutzeffekt. Es gibt allerdings auch Schwächen. So können die Forscher bisher nicht erklären, welcher biologische Mechanismus hinter dem selektiven Schutzeffekt stecken könnte ? sie spekulieren lediglich, dass er mit einigen hormonähnlichen Stoffen zusammenhängen könnte, die im Kaffee enthalten sind. Zudem ist wie immer bei einer solchen Studie nicht sicher, ob der Schutz tatsächlich vom Kaffee ausgeht. Denn es könnte schließlich auch sein, dass das Kaffeetrinken lediglich ein Kennzeichen für einen bestimmten Lebensstil ist. (Jingmei Li, Karolinska Institutet, et al.: Breast Cancer Research, Bd. 13, Artikel R49)

Auch der nächste Fund liegt im Brustbereich, allerdings innerhalb des Brustkorbs: US-Forscher haben erstmals Lungenstammzellen beim Menschen identifiziert ? Zellen also, die in der Lage sind, Nachschub für die verschiedenen Arten von Gewebe in den Lungen zu liefern. Gewinnen konnten die Wissenschaftler die langgesuchten Zellen aus Lungengewebe, das bei Operationen entfernt worden war. Anschließend auf den Prüfstand gestellt, teilten sich die isolierten Zellen entweder und bildeten neue Stammzellen. Oder sie verwandelten sich in Bausteine für Bronchiolen ? die kleinen unteren Ästchen der Bronchien ?, für Lungenbläschen und für die Blutgefäße, die die Lunge durchziehen. Auch den letzten Test, den eine Stammzelle bestehen muss, schafften sie mit Bravour: Als die Forscher sie in Mäuse implantierten, bildeten sie ebenfalls die verschiedenen Gewebearten und integrierten sich zudem in die bereits bestehende Struktur der Lunge. Diese Ergebnisse machen laut den Wissenschaftlern Hoffnung, dass sich Schäden an der Lunge künftig mit Hilfe der Stammzellen reparieren lassen ? dazu müsse allerdings erst getestet werden, ob das neugebildete Gewebe auch im menschlichen Körper so gut integriert wird. (Jan Kajstura, Brigham and Women’s Hospital, Harvard Medical School, et al.: New England Journal of Medicine, Bd. 364, S. 1795)

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Weiter geht es in Richtung Darm. Dort haben Wissenschaftler einen der Gründe entdeckt, warum probiotische Bakterien so gut für die Darmgesundheit sind: Sie bringen die Zellen der Darmschleimhaut dazu, reaktive Sauerstoffspezies (ROS) zu produzieren, was wiederum beim Reparieren von Schäden hilft. Das ist in gewisser Hinsicht eine Überraschung, denn diese reaktionsfreudigen Teilchen, auch bekannt als „freie Radikale“, gelten eigentlich nicht gerade als gesundheitsfördernd, sondern im Gegenteil als Auslöser diverser chronischer Erkrankungen und Hauptverantwortliche für das Altern. Doch im Darm scheinen sie tatsächlich notwendig zu sein, um die Schleimhaut zu regenerieren. Das Prinzip: Sobald die Zellen in Kontakt mit den Bakterien ? im Test war es eine Variante der Lactobazillen ? kommen, bilden sich in ihrem Inneren die reaktiven Teilchen. Das sorgt dann dafür, dass die Zellen zu wandern beginnen, und zwar indem sie neue Verbindungen zu ihren Nachbarn knüpfen und frühere auflösen. So können sie beispielsweise zu einer Lücke hin migrieren, die etwa durch eine Darmerkrankung oder eine Entzündung entstanden ist, und diese schließen. Damit ist nicht nur erstmals ein plausibler biochemischer Mechanismus identifiziert, mit dem Probiotika arbeiten, die Entdeckung eröffnet auch die Möglichkeit, den Effekt mit Hilfe von Medikamenten nachzuahmen ? vorausgesetzt, es lässt sich feststellen, wie die Bakterien die ROS-Bildung auslösen. (Phillip Swanson, Emory University, Atlanta, et al: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1073/pnas.1010042108)

Zum Schluss eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Schon vor über 9.000 Jahren gab es auf dem amerikanischen Kontinent domestizierte Hunde ? das zeigt ein Stück eines Schädelknochens, das US-Forscher in Texas entdeckt und genetisch untersucht haben. Die schlechte Nachricht: Diese Hunde wurden wohl eher nicht als geliebte Haustiere gehalten, sondern als Fleischlieferanten. Denn das Knochenfragment befand sich innerhalb eines Koprolithen, einem fossilen Stück menschlichen Kots, zusammen mit anderen Nahrungsmitteln wie Kaktusfeigensamen. Die Forscher halten ihren Fund für den frühesten unanfechtbaren Beweis für die Existenz von Haushunden in der Neuen Welt ? und Studienleiter Samuel Belknap von der University of Maine ist zudem „ziemlich sicher, dass er der älteste direkte Beweis für den menschlichen Verzehr von Hund überhaupt ist“. (Raul Y. Tito, University of Oklahoma, Norman, et al.: American Journal of Physical Anthropology, doi: 10.1002/ajpa.21526

wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

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