Bei den als Formula-Diäten bezeichneten Abnehmhilfen ersetzt man eine oder mehrere Mahlzeiten am Tag durch spezielle, aus Pulver angerührte Breis oder Getränke. „Diese Crash-Diäten basieren auf nur 600 bis 800 Kilokalorien pro Tag und können sehr effektiv sein für die Gewichtsabnahme, das Senken des Blutdrucks und die Bekämpfung von Diabetes“, erklärt Erstautorin Jennifer Rayner von der University of Oxford. Allerdings sind diese Diäten nicht unumstritten: Zwar nimmt man schnell ab und hat so schnell ein Erfolgserlebnis, weil immerhin 200 bis 500 Gramm Körpergewicht damit pro Woche schwinden können. Aber den Verzicht auf normales, festes Essen halten wenige Abnehmwillige lange durch. Folgt dann keine langfristige Ernährungsumstellung, kommen die Pfunde durch den Jojo-Effekt fast so schnell wieder wie sie geschwunden sind – und schlimmstenfalls wiegt man hinterher sogar mehr.
Überraschung nach einer Woche Diät
Jetzt haben Rayner und ihre Kollegen eine weitere Schattenseite der Formula-Diäten aufgedeckt. Für ihre Studie hatten sie 21 übergewichtige Probanden mit Durchschnittalter 52 Jahre acht Wochen lang bei ihrer Crash-Diät begleitet. Alle Teilnehmer hatten zu Beginn einen Body-Mass-Index von 37 und waren damit fettleibig. Die Forscher wollten wissen, wie die Diät die Verteilung des Fetts im Körper und vor allem im Bauchraum und an Leber und Herz beeinflusst. „Denn die Effekte einer solchen Diät auf das Herz sind bisher nicht untersucht worden“, sagt Rayner. Dafür unterzogen sie alle Teilnehmer vor Beginn, nach einer und nach acht Wochen einer Magnetresonanz-Tomografie (MRT) und testeten zudem Herzleistung, Blutfettwerte, Blutzucker und Insulinresistenz.
Das Ergebnis: Schon nach einer Woche zeigte die Diät erste positive Effekte: Die Cholesterin- und Blutzuckerwerte der Teilnehmer und auch ihr Insulinstoffwechsel verbesserten sich. Gleichzeitig sank der Körperfettanteil um sechs Prozent und auch die Fettpolster im Bauchraum und an der Leber schrumpften – an der Leber sogar um 42 Prozent, wie die Forscher feststellten. „Angesichts solcher Verbesserungen im Stoffwechsel durch die Niedrigkalorie-Diät würden wir erwarten, dass sich auch die Herzfunktion verbessert“, sagt Rayner. Doch das war überraschenderweise nicht der Fall – im Gegenteil: Nach der ersten Diät-Woche hatten die Fettablagerungen am Herzen der Probanden um 44 Prozent zugenommen. Gleichzeitig hatte sich die Pumpleistung und andere Funktionen des Herzens deutlich verschlechtert.
Vorsicht bei bestehenden Herzproblemen
Schadet die Diät demnach dem Herzen – und das möglicherweise dauerhaft? Als die Forscher nach acht Wochen der Diät erneut die Fettverteilung und Herzleistung bei ihren Probanden untersuchten, gab es in diesem Punkt glücklicherweise Entwarnung: Die Fettablagerungen am Herzen hatten sich wieder normalisiert und waren nun geringer als vor Beginn der Diät. Auch die Herzleistung und Blutwerte hatten sich verbessert. Offensichtlich sind die schädlichen Nebenwirkungen der Diät zeitlich begrenzt: Sie treten nur am Anfang auf. Warum das so ist, erklären die Wissenschaftler so: „Der plötzliche Abfall der Kalorienzufuhr sorgt dafür, dass Fettablagerungen verschiedener Körperstellen abgebaut und ins Blut freigesetzt werden“, sagt Rayner. „Dieses überschwemmt den Herzmuskel dann geradezu mit Fett – und er lagert das Fett an.“ Nachdem sich der Körper jedoch an die geringere Kalorienzufuhr gewöhnt hat, bleibt diese Fettschwemme im Blut aus und der Herzmuskel kann sich wieder erholen.
Für Diätwillige bedeutet dies: Grundsätzlich ist auch die neue Erkenntnis kein Grund, nun eine Formula-Diät abzubrechen oder gar nicht erst anzufangen. „Menschen, die ansonsten gesund sind, werden die anfängliche Verschlechterung ihrer Herzfunktion wahrscheinlich gar nicht bemerken“, sagt Rayner.“Aber bei Menschen mit Herzproblemen und entsprechenden Vorerkrankungen sei Vorsicht angebracht: „Wenn man bereits an einer Herzerkrankung leidet, dann sollte man unbedingt einen Arzt konsultieren, bevor man sine solche Niedrigkalorien-Diät oder eine Fastenperiode beginnt“, betont die Forscherin. Denn die vorübergehenden Einbußen in der Herzfunktion und die Fettablagerung könnten bei diesen Menschen zu Atemnot oder sogar Herzrhythmusstörungen führen.