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Die Altersuhr tickt unregelmäßig

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Die Altersuhr tickt unregelmäßig
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Die Uhren in unseren Körpergeweben gehen teilweise vor (UCLA / Horvath Lab)
Das Alter lässt sich nicht verleugnen: Seine Spuren zeigen sich nicht nur äußerlich, sondern auch in unseren Zellen und Geweben. Der Hormonhaushalt verändert sich, die Chromosomen-Enden werden kürzer und auch die Stoffwechselvorgänge in unseren Zellen verändern sich. US-Forscher haben jetzt einen weiteren Altersindikator in unserem Körper identifiziert: kleine Anhängsel an unserem Erbgut, die das Ablesen der Gene steuern. Das Interessante daran: Es gibt Gewebe, in denen diese Körperuhr nicht das korrekte Alter anzeigt, sondern vorgeht.

Welche Gene in unseren Zellen aktiv sind, bestimmt nicht nur das Erbgut selbst. Auch kleine Anhänge an der DNA, die sogenannten Methylgruppen, spielen dafür eine wichtige Rolle. Dort, wo sie sich anlagern, blockieren sie das Ablesen des Gencodes und machen das betreffende Gen dadurch inaktiv. Wo und wie viele dieser Leseblockaden am Erbgut einer Zelle sitzen, ist dabei von unserer Gesundheit, Veranlagung, aber auch von Umwelteinflüssen abhängig. Steve Horvath und seine Kollegen von der University of California in Los Angeles haben nun einen weiteren Faktor entdeckt, der die Methylierung des Erbguts beeinflusst: das Alter.

Für ihre Untersuchung trugen die Forscher zunächst Daten von früheren Studien zusammen, in denen die Menge und Verteilung der DNA-Anhängsel bei verschiedenen Menschen und Geweben bestimmt worden war. Informationen zu insgesamt 8.000 Proben aus 51 unterschiedlichen Gewebetypen kamen auf diese Weise zusammen. Dann suchten die Forscher nach einem Muster: Sie prüften, ob es Methylgruppen an bestimmten Stellen im Erbgut gibt, die nur bei bestimmten Altersgruppen auftauchen oder aber die sich im Laufe des Lebens auf charakteristische Weise verändern.

Brustgewebe ist um Jahre älter

Tatsächlich wurden sie fündig: Sie identifizierten 353 Marker, an denen sich das Alter eines Menschen und auch das Alter des Gewebes relativ genau ablesen lässt.  Verglichen die Wissenschaftler bei Probanden diese köpereigene „Altersuhr“ mit dem tatsächlichen Lebensalter, stimmten beide erstaunlich gut überein. Dabei zeigte sich auch, dass diese Altersuhr im Laufe des Lebens nicht immer gleich schnell „tickt“: Die Verteilung der Methylgruppen an unserem Erbgut verändert sich bei jungen Menschen schneller und stärker.  „Wenn wir geboren werden und uns dann von Kindern zu Teenagern entwickeln, tickt diese Uhr viel schneller“, erklärt Horvath. Erst ab dem 20. Lebensjahr verlangsamt sich das Tempo und pendelt sich dann auf eine konstante Rate ein.

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Die Ergebnisse enthüllten aber noch mehr Überraschendes: Bei einigen Geweben schien diese sonst so genaue Altersuhr konsistent falsch zu gehen. „Das gesunde Brustgewebe einer Frau ist rund zwei bis drei Jahre älter als der Rest ihres Körpers“, berichtet Horvath. Dieses Gewebe altert offenbar zumindest in Bezug auf die Methylanhänge am Erbgut schneller. Noch extremer werden die Abweichungen jedoch, wenn das Gewebe krankhaft verändert ist – wenn sich ein Krebstumor gebildet hat. Wie die Forscher feststellten, ist das gesunde Gewebe um einen Brustkrebsherd herum durchschnittlich zwölf Jahre älter als das restliche Körpergewebe. Der Tumor selbst eilt dem Lebensalter sogar um durchschnittlich 36 Jahre voraus.

„Die große Frage ist nun, ob diese biologische Uhr nur Symptom des Alterns ist oder ob sie auch selbst Alters-Prozesse kontrolliert“, konstatiert Horvath. Wäre Letzteres der Fall, verrät die Methylierung unseres Erbguts nicht nur einiges über unsere Genaktivität und Gesundheit, sie könnte auch eine Ansatzstelle für Anti-Aging-Therapien, aber auch für die Krebsvorbeugung bieten. Die University of California hat sich schon mal vorsorglich die neuentdeckte Altersuhr patentieren lassen. Horvath und seine Kollegen wollen nun als Nächstes erforschen, welche Auswirkungen es hat, wenn sie die Altersmarker am Erbgut verändern. Ob sich dadurch beispielsweise das Altern eines Gewebes aufhalten lässt – oder ob solche Eingriffe vielleicht doch mehr schaden als nützen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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