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Lebensraum: Spülmaschine

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Lebensraum: Spülmaschine
Die Temperaturen steigen regelmäßig auf über 80 Grad Celsius, der pH-Wert schwankt zwischen neutralen 6,5 und alkalischen 9,5 und der Salzgehalt des Wassers liegt um ein Vielfaches über dem des Mittelmeeres ? eine Spülmaschine ist nicht gerade der angenehmste Lebensraum, den man sich vorstellen kann. Trotzdem haben einige Schimmel- und Hefepilze die Geschirrspüler offenbar zu ihrer neuen Heimat erkoren, hat jetzt ein internationales Forscherteam entdeckt: In über 60 Prozent von knapp 200 getesteten Haushaltsspülmaschinen besiedelten verschiedene Pilze die Gummidichtung der Türen. Darunter seien auch Varianten gewesen, die beim Menschen Krankheiten auslösen können, betonen Polona Zalar von der Universität in Ljubljana und ihre Kollegen.

Die Probennahme war ein logistischer Kraftakt: Die Forscher gingen 189 Spülmaschinen in 100 verschiedenen Städten auf 6 Kontinenten an die Gummidichtungen. 102 der Geschirrspüler befanden sich in Slowenien, 42 in anderen europäischen Ländern ? darunter je 5 in Deutschland und Österreich ?, 13 in den USA und Kanada, 3 in Südamerika, 5 in Israel, 10 in Südafrika und 7 in Japan und China. Bei allen Testkandidaten wurde die Dichtung mit einem Wattestäbchen abgewischt und die Proben anschließend für bis zu sieben Tage bei 37 Grad Celsius aufbewahrt.

Das eher erschreckende Ergebnis: Bei 62 Prozent der Maschinen beherbergte die Gummidichtung Pilze. Es handelte sich vor allem um Hefe- und um Schimmelpilze, die unter anderem zu den Gattungen Aspergillus, Candida, Magnusiomyces, Fusarium, Penicillium und Rhodotorula gehörten. Am häufigsten vertreten waren jedoch Schimmelpilze der Gattung Exophiala, die in über der Hälfte der Proben vorkamen und laut den Forschern erstaunlich zäh waren: Sie tolerierten sowohl die Temperaturschwankungen als auch die extremen Salzkonzentrationen und pH-Werte, die im Lauf eines Spülganges entstehen. Selbst das aggressive Spülmittel, das schließlich dazu entworfen ist, organische Substanzen zu zersetzen, scheine den Pilzen nichts auszumachen, wundern sich die Wissenschaftler. Eine solche Widerstandskraft gegenüber derartig verschiedenen widrigen Umweltbedingungen sei bei Pilzen bisher noch nie beobachtet worden. Die Forscher bezeichnen diese Eigenschaft der Pilze als „polyextremotolerant“.

Lange Zeit wurden solche extremotoleranten Organismen nur in entlegenen Gebieten wie etwa Wüsten oder heißen Quellen gesucht, erläutern Zalar und ihr Team. Erst in jüngster Zeit bilde sich das Bewusstsein heraus, dass auch in der vom Menschen geschaffenen künstlichen Umgebung eines Haushalts derartige extreme Lebensräume existieren, die offenbar nach und nach von den verschiedensten Mikroorganismen erobert würden. Die Spülmaschine ist dabei besonders attraktiv, weil dort immer wieder Essenreste verfügbar sind, die eine reiche Nährstoffquelle darstellen. Es sei wichtig, diese neuen Habitate genauer unter die Lupe zu nehmen, denn dort könnten durchaus Gefahren für den Menschen lauern. So können die beiden Exophiala-Arten, die am häufigsten gefunden wurden, nicht nur bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem oder bei Mukoviszidose-Patienten bedrohliche Erkrankungen auslösen, sondern auch gesunde Menschen befallen. Fazit der Studie: Bei Spülmaschinen sollte man auch die Gummidichtung regelmäßig reinigen ? dann können sich dort keine unerwünschten Untermieter breitmachen.

Polona Zalar (Universität Ljubljana) et al.: Fungal Biology, doi: 10.1016/j.funbio.2011.04.007 wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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