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Molekularer Dimmer im Gehirn

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Molekularer Dimmer im Gehirn
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Depressionen sind ein großes gesellschaftliches Problem. Bild: Martin Müller / pixelio.de
US-Forscher haben einen bisher unbekannten Schlüsselfaktor für den Ausbruch von Depressionen identifiziert. Es handelt sich dabei um ein Protein in den Nervenzellen des Gehirns, das wie ein biologischer Dimmer wirkt: Je mehr davon vorhanden ist, desto stärker wird ein molekulares Signalsystem gedämpft, das essenziell für die Funktion von Gehirnzellen ist. Dieser Dimmer ist im Gehirn von Depressiven im Überschuss verfügbar, konnten die Wissenschaftler nachweisen. Ihn abzufangen oder zu blockieren, könnte demnach ein vielversprechender Weg sein, Depressionen effektiv zu behandeln. Erste Tests mit Mäusen seien bereits sehr erfolgreich verlaufen.

Die Wissenschaftler scannten das Erbgut von Proben aus den Gehirnen 21 Verstorbener mit schweren Depressionen – die meisten von ihnen hatten Selbstmord begangen – und aus Hirngewebe von 18 nicht erkrankten Vergleichspersonen. Dabei suchten sie jedoch nicht nach Veränderungen von Genen, sondern von Abweichungen bei der Protein-Produktion, also bei der Genaktivität. Fündig wurden sie bei einem Enzym namens MKP-1: Dessen Menge war in den Gehirnen der Depressiven etwa doppelt so groß wie in den Vergleichsproben. MKP-1 ist ein Biokatalysator, der, wenn vorhanden, den für die Zellen lebensnotwendigen MAPK-Signalweg herunterfährt und damit zu einer Funktionsstörung der betroffenen Neuronen führt.

Um zu prüfen, ob diese Erhöhung der MKP-1-Menge tatsächlich der ursächliche Faktor ist oder ob es sich dabei nur um eine Folge der Krankheit handelte, entwarfen die Forscher mehrere Mäuse- und Rattenversuche: Sie setzten die Tiere unter chronischen Stress, erhöhten die MKP-Menge in ihren Gehirnen künstlich oder blockierten die Bildung, entweder durch Medikamente oder durch eine Veränderung ihres Erbguts. Alle Tests bestätigten die Schlüsselrolle des Proteins beim Entstehen von Depressionen. So führte ein Überschuss von MKP-1 im Gehirn zu typischem depressivem Verhalten bei den Tieren, während sie bei einem Fehlen des Enzyms eine deutlich verbesserte Stresstoleranz zeigten.

Die Verbindung von MKP-1 mit Depressionen erscheine auch aus biologischer Sicht logisch, erläutern die Wissenschaftler. Schwere Formen der Krankheit gehen häufig mit einem Schrumpfen des Hippocampus einher, einer zentralen Schaltstelle des für Gefühle zuständigen Limbischen Systems. Dafür könnte die Dämpfung des MAPK-Signalweges durch MKP-1 durchaus verantwortlich sein, denn diese Reaktionsfolge ist wichtig für die Flexibilität von Hirnzellen, ihre korrekte Funktion und sogar für ihr Überleben. Für besonders vielversprechend halten die Forscher die Tests, in denen das Enzym bei den Mäusen medikamentös blockiert wurde: Sie legten nahe, dass ein solcher Ansatz auch beim Menschen funktionieren könnte, entweder als eigenständige Therapie oder in Kombination mit herkömmlichen Antidepressiva.

Vanja Duric (Yale University, New Haven) et al.: Nature Medicine, Onlineveröffentlichung, doi:10.1038/nm.2219 dapd/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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