Das Lesen eines guten Buches kann emotional genauso aufwühlend sein wie ein Actionfilm. Das haben niederländische Forscher nun zumindest für das Gefühl des Ekels gezeigt. Die Mediziner um Mbemba Jabbi von der Universität in Groningen präsentierten Testpersonen Film- und Textausschnitte mit ekligen Szenen. Außerdem mussten die Teilnehmer ein übelschmeckendes Getränk konsumieren. In allen Fällen war die gleiche Hirnregion aktiviert.
Die Forscher untersuchten, wie sechs männliche und sechs weibliche Probanden auf das Gefühl
Ekel reagierten. Auslöser war ein ekliges Geschmackserlebnis, das den Testpersonen auf drei verschiedene Weisen präsentiert wurde. Im ersten Versuchsteil sahen sie einen Filmclip, in dem eine Person ein Getränk zu sich nahm und dann vor Ekel das Gesicht verzog. Im zweiten Teil bekamen sie einen ekelerregenden Text zu lesen, in dem ein Betrunkener sich übergab und ein paar Spritzer des Erbrochenen im Mundwinkel einer anderen Person landete. Im letzten Teil mussten die Probanden selbst ein ekelerregendes Getränk probieren. Die emotionalen Gefühlsabläufe verfolgten die Forscher mit der funktionellen Magnetresonanztomographie, die die Aktivität des Gehirns erfasst.
In allen drei Versuchsteilen leuchtete im Aktivitätsmuster der Gehirnscans die gleiche Region in der Großhirnrinde des Gehirns auf, zeigte die Auswertung. Die Signalverarbeitung und die Signalwege im Gehirn waren allerdings unterschiedlich, je nachdem, welche Sinne durch das Lesen, das Schauen des Films oder das Trinken angesprochen wurden. Die Forscher vermuten daher, dass alle äußeren Signale, die mit Ekel in Verbindung gebracht werden, an dieser Stelle zusammenlaufen ? egal, ob sie gesehen, gelesen oder selbst erlebt werden. Eine Filmszene oder die vorgestellte Erlebniswelt eines Buchs können dieses Ekelzentrum demnach genauso stark ansprechen wie das direkte Erleben einer solchen Situation.
Mbemba Jabbi (Universität Groningen) et al.: PLoS One, DOI: 10.1371/journal.pone.0002939 ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer