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Durst hat seine eigenen Neuronen

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Durst hat seine eigenen Neuronen
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Für das Durstgefühl spielen ganz spezielle NErvenzellen in unserem Gehirn eine wichtige Rolle (Foto: kieferpix/iSTock)
Wenn unser Körper zu wenig Wasser hat, bekommen wir Durst – ein instinktives und eindringliches Gefühl. Doch wie genau die Alarmsignale aus dem Körper im Gehirn zu diesem Gefühl führen, ist bisher erst teilweise geklärt. Jetzt haben Forscher entscheidende Akteure aufgedeckt: In unserem Gehirn gibt es Nervenzellen, die auf die Verarbeitung und Weiterleitung der Durstsignale spezialisiert sind. Wenn sie feuern, verursacht dies das typisch unangenehme Gefühl des Durstes, wie Versuche mit Mäusen belegen.

Wasser ist für uns lebenswichtig: Damit die Zellen in unserem Körper ihre Aufgaben erfüllen können, benötigen sie die richtige Menge an Wasser mitsamt der darin gelösten Stoffe. Auch das Blut kann nur dann richtig fließen, wenn genügend Wasser vorhanden ist. Entsprechend tief verankert ist der Schutz gegen eine Dehydration. Schon wenn der Flüssigkeitsgehalt unseres Körpers um nur ein bis zwei Prozent absinkt, erhalten wir ein unmissverständliches Signal: Durst. Gleich mehrere Messfühler sorgen dabei dafür, dass unser Gehirn rechtzeitig entsprechende Alarmsignale erhält. In der Lungenarterie und im Herzen messen Sensoren die Veränderungen des Blutvolumens. Andere Sensoren sitzen im Darm, der Leber oder Niere und schlagen Alarm, wenn sich die Konzentration von Salzen und bestimmten Botenstoffen in Blut und Zellen zu stark erhöht. Sogar im Mund sitzen Sensoren, die immer dann reagieren, wenn Flüssigkeit unsere Mundschleimhäute benetzt. All diese Informationen lösen eine Reaktion im Durstzentrum unseres Gehirns, dem Subfornikalorgan, aus und machen uns letztlich durstig.

Spurensuche im Hypothalamus

Ungeklärt war jedoch bisher, wie die vielen verschiedenen Meldungen der Sensoren miteinander abgeglichen, bewertet und gefiltert werden – und wie daraus ein eindeutiges Durstgefühl entsteht. Gibt es möglicherweise spezielle Durst-Neuronen in unserm Gehirn? Um das zu klären, haben William Allen von der Stanford University die Durstreaktion von Mäusen mit Hilfe modernster Methoden der Genetik und Molekularbiologie untersucht und manipuliert. Sie konzentrierten ihre Suche dabei auf den sogenannten medianen präoptischen Nucleus, ein kleines Areal im Hypothalamus, von dem man weiß, dass es Informationen zu Blutvolumen, Osmolarität und von Botenstoffen verarbeitet. Für ihre Studie schalteten die Forscher bei den Mäusen nacheinander einzelne Neuronentypen in diesem Areal aus und beobachteten, wie dies ihr Trinkverhalten beeinflusst. Bei einem Typ dieser Nervenzellen wurden sie fündig: Deaktivierten sie diese Neuronen, tranken selbst dehydrierte Mäuse nichts mehr. Stimulierten die Wissenschaftler diese Nervenzellen dagegen, konnten sie selbst sattgetrunkene Mäuse dazu bewegen, weiterzutrinken.

In einem weiteren Experiment markierten Allen und seine Kollegen diese Neuronen mit einem Fluoreszenzfarbstoff, der umso heller leuchtete, je stärker diese Nervenzellen aktiviert waren. Dann brachten sie den Mäusen bei, einen Hebel zu drücken, um Wasser zu bekommen. Es zeigte sich: Je heller die speziellen Nervenzellen in ihrem Gehirn aufleuchteten, desto emsiger drückten die Mäuse den Wasserhebel. Umgekehrt verstärkte sich die Fluoreszenz umso mehr, je stärker die Mäuse durch Wasserentzug dehydriert waren. Tranken die dann etwas, ließ auch die Fluoreszenz langsam wieder nach. Wie die Forscher erklären, spricht dies dafür, dass diese Neuronen tatsächlich eine entscheidende Rolle für den Durst spielen. Offenbar sorgen sie dafür, dass die verschiedenen Sensorreize miteinander verschaltet und ausgewertet werden und schicken dann entsprechende Signale an das Subfornikalorgan.

Abschreckendes Gefühl

Aber verursachen diese Neuronen auch das typische, unangenehme Durstgefühl? Um das herauszufinden, führten Allen und seine Kollegen einen weiteren Versuch durch. In diesem koppelten sie die Neuronen mit einer Substanz, durch den man sie direkt an- und ausschalten konnte – während die Mäuse umherliefen. Die Forscher schalteten die Durstneuronen immer dann an, wenn die Tiere eine bestimmte Ecke des Käfigs erreichten. Nach kurzer Zeit reagierten die Mäuse prompt: Sie mieden fortan diese Käfigecke. „Die Stimulation dieser Neuronen wirkt demnach abschreckend“, schlussfolgern die Wissenschaftler: Wurden die Durstzellen aktiv, verursachte dies bei den Tieren ein spürbares Unbehagen.

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„Damit scheint klar, dass diese Durstneuronen einen in seiner Intensität skalierbaren und abschreckenden inneren Zustand hervorrufen, der dann zu einem durch Durst motivierten Verhalten führt“, so das Fazit von Allen und seinen Kollegen. Demnach besitzen die Mäuse und höchstwahrscheinlich auch wir Menschen tatsächlich spezielle Durst-Nervenzellen. Die komplexe Steuerung dieses lebenswichtigen Gefühls ist wieder ein Stück weiter aufgeklärt.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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