Um herauszufinden, ob die Augen trotz ihrer absurden Position den Kaulquappen Seheindrücke vermitteln konnten, führten die Wissenschaftler nun gezielt Versuche durch: Sie setzten die Tiere in Wasserbecken, die in Bereiche unterteilt waren, die die Forscher mittels LED-Leuchten wahlweise mit rotem oder blauem Licht fluten konnten. Wo rotes Licht leuchtete, traktierten die Forscher die Kaulquappen mit leichten Elektroschocks. In den blau beleuchteten Bereichen blieben sie dagegen von den unangenehmen Reizen verschont.
Schwanz-Augen erkennen rotes Licht
Die Beobachtungen offenbarten: 19 Prozent der Kaulquappen, bei denen es eine Verbindung zwischen den Sehnerven des Schwanz-Auges und dem restlichen Nervensystem gab, erkannten das rote Licht und schwammen davon weg, um den Elektroschocks zu entkommen. Sie verhielten sich damit genauso wie Kontrolltiere, die zwei normale Augen am Kopf besaßen. Kaulquappen, die weder über Augen am Kopf noch am Schwanz verfügten, reagierten dagegen nicht auf die Lichtreize, zeigten die Auswertungen der Forscher. Das Experiment beweise, dass das Gehirn Informationen eines Auges empfangen kann, obwohl es nur indirekt mit ihm verknüpft ist und diese Reize dennoch als Seheindrücke interpretieren kann, sagen die Forscher.
“Ein Ziel der Medizin ist es, die Funktion beschädigter oder fehlender Sinnesorgane durch den Einsatz von biologischen oder künstlichen Ersatz-Komponenten wiederherzustellen, sagt Co-Autor Michael Levin von der Tufts University. “Dazu muss man allerdings erst einmal verstehen, wie sich Gehirn und Körper an solche Veränderungen anpassen können”. Die aktuelle Studie sei ein Teil dieser wichtigen Grundlagenforschung, sind die Wissenschaftler überzeugt. Sie wollen nun durch weitere Untersuchungen herausfinden, auf welche Weise das Gehirn in der Lage ist, die elektrischen Nervensignale des Schwanz-Auges als visuelle Daten zu interpretieren. Möglicherweise enthalten die Nervenimpulse eine Art Identifikationscode, der es dem Gehirn ermöglicht, sie dem Auge zuzuordnen, spekulieren die Forscher.