Die Auswertung der Gehirnaktivität bei den Tests verdeutlichte den Unterschied zwischen der Verarbeitung der Sinnesreize bei den Blinden und den Sehenden: Während bei den Sehenden nur das Hörzentrum und die für Tastreize zuständigen Hirnareale angesprochen wurden, zeigte sich bei den Blinden zusätzlich eine deutliche Aktivität im Sehzentrum. Je stärker dabei die Aktivität im Sehzentrum der Blinden war, desto besser waren sie auch in der Lage, die Aufgaben zu lösen, die auf der Verarbeitung von Tast- und Hörreizen beruhen. „Dieses Ergebnis zeigt, dass das Sehzentrum bei den Blinden Funktionen übernehmen kann und dadurch die Leistung steigert“, resümiert Josef Rauschecker vom Georgetown University Medical Center.
Der für das Sehen zuständige Bereich des Gehirns wird auch als visueller Cortex oder Sehrinde bezeichnet und ist einer der am höchsten entwickelten Teile des Gehirns. Die Ergebnisse der Forscher zeigen, dass das Gehirn selbst bei derartig spezialisierten Arealen eine erstaunliche Flexibilität beim Nutzen seiner Ressourcen zeigt. So muss das Sehzentrum bei Blinden offenbar keineswegs brachliegen, es leistet vielmehr einen wichtigen Beitrag zu der feinen Datenverarbeitung, die sich in den besonderen Hör- und Tastfähigkeiten von Blinden widerspiegelt, sagen die Wissenschaftler.