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Hirnloses Sehen

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Hirnloses Sehen
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Die kleinen Nagetiere besitzen ein aus vielen Zelltypen aufgebautes Auge.
Forscher haben bei Mäusen in der Netzhaut des Auges spezialisierte Zellen entdeckt, die herannahende Objekte erkennen. Die sogenannten PV5-Ganglienzellen sind das Zentrum eines kleinen Netzwerks aus Rezeptorzellen, die sich nähernde Objekte erkennen sowie Zellen, die sicherstellen, dass keine Fehler passieren und zum Beispiel seitlich vorbeiziehende Objekte als Feinde identifiziert werden. Der ganze Prozess spielt sich in der Retina ab und erst danach werden die Informationen ins Gehirn geleitet. Dank dieser Vorverarbeitung der Information können sich die Tierchen besonders schnell vor Feinden in Sicherheit bringen.

Generell beruhen die Funktionen des Auges zu einem großen Teil auf Unterscheidungen wie hell oder dunkel, Größenvergleichen, oder wie im Fall der Mäuse auf dem Unterschied zwischen sich nähernden Objekten und allen anderen Bewegungen. Nähert sich ein Objekt tatsächlich, wird diese Information noch im Auge verarbeitet. Das fanden die Forscher in ihren Experimenten heraus, bei denen sie die Reaktion der Retina von Mäusen auf drei Gruppen von sich bewegenden Balken beobachteten. Die Balken zogen einmal in einer Linie vorbei, einmal entfernten sie sich und einmal näherten sie sich, wurden also größer. Durch die Bewegungen aktivierten viele einzelne Nervenzellen die PV5-Ganglienzellen. Diese bilden kleine Verarbeitungszentren im Auge. Sie konnten den größer werdenden Balken als herannahend identifizierten und sandten entsprechende Informationen an die Sehrinde weiter.

Neben den aktivierenden gibt es aber auch hemmende Zellen. Sie reagieren, wenn sich ein Objekt zwar bewegt, aber nicht näher kommt und erklären das Signal der anderen Zellen für ungültig. Erst das Zusammenspiel der verschiedenen Zellgruppen macht die Fähigkeit des Sehens aus. Zudem sind die Zellen flexibel einsetzbar: Sie können herannahende Objekte wahrnehmen, erfüllen aber je nach Bedarf auch andere Aufgaben. Die hemmenden Zellen sind nämlich schon aus anderem Zusammenhang bekannt: Bei Dunkelheit sind sie in umgekehrter Richtung aktiv und verstärken von anderen Zellen eingehende Signale.

Im Auge arbeiten viele unterschiedliche Zelltypen zusammen, von denen jeder auf ein anderes Detail spezialisiert ist. Milliarden von Einzelzellen leiten einen Eindruck über den Sehnerv ins Gehirn weiter, wo die Sehrinde den Prozess verarbeitet. Wie bei den neu entdeckten Nervenzellen werden einige Eindrücke aber schon in der Retina verarbeitet, ohne dass dabei das Gehirn direkt beteiligt ist. Was dann schließlich ins Gehirn gelangt, ist schon die Interpretation, welche spezielle Zellgruppen im Auge getroffen haben. Diese schnellere Informationsverarbeitung könnte für Mäuse überlebenswichtig sein, da sich die Reaktionszeit dadurch verkürzt, schreiben die Forscher.

Thomas A. Münch (Universität Basel) et al.: Nature Neuroscience (Online-Vorabveröffentlichung doi:10.1038/nn.2389). ddp/wissenschaft.de – Martina Bisculm
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