Die Balance zweier Hormone ist entscheidend, um Frühgeburten zu verhindern: Während der Schwangerschaft befinden sich die beiden Östrogene Estradiol und Estriol im Gleichgewicht. Sobald jedoch eines von beiden die Oberhand gewinnt, setzen die Wehen ein, haben australische Forscher um Roger Smith vom John-Hunter-Krankenhaus in Newcastle herausgefunden. Indem Mediziner das Verhältnis von Estradiol und Estriol während der Schwangerschaft beobachten, ließe sich demnach nicht nur der Geburtszeitpunkt vorhersagen. Durch gezielte Beeinflussung des Hormonpegels könnte man die Wehen sogar nach vorne oder nach hinten verschieben und Frühgeburten künftig verhindern.
Die Wissenschaftler untersuchten den Hormonhaushalt von 500 Schwangeren. Bei allen befand sich der Anteil von Estradiol und Estriol bis kurz vor der Geburt im Gleichgewicht. Doch dann stieg der Estradiolgehalt rasch an, und bald darauf setzten die Wehen ein. Die Produktion von Estradiol geht wiederum auf ein anderes Hormon zurück, das Corticoliberin, dessen Gehalt während der Schwangerschaft kontinuierlich ansteigt. Corticoliberin wirkt auf die Nebennieren des Fötus ein und regt sie zur Ausschüttung von Steroiden an. Die Steroide geben dann den Anstoß zur Estradiolproduktion in der Plazenta.
Dies würde auch erklären, warum die Wehen bei Schwangeren selbst dann noch einsetzen, wenn der Fötus im Mutterleib gestorben ist: „In diesem Fall würde der Estradiolgehalt rapide sinken, wodurch das Estriol dominieren und den Beginn der Wehen einleiten würde“, erklärt Smith. Aus dem Verhältnis beider Hormone und dessen zeitlichem Verlauf lasse sich zum einen auf den Geburtszeitpunkt schließen. Zum anderen könnten Mediziner Schwangeren eines der beiden Hormone verabreichen, um das Einsetzen der Wehen zu verschieben und damit den Geburtszeitpunkt vorzuziehen oder eine Frühgeburt hinauszuzögern.
Roger Smith (John-Hunter-Krankenhaus, Newcastle, Australien) et al.: Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, Online-Vorabmeldung ddp/wissenschaft.de ? Mascha Schacht