Schafsmilch birgt entgegen früherer Vermutungen möglicherweise doch ein Risiko für eine Infektion mit Prionen: Britische Forscher haben nachgewiesen, dass sich Lämmer über die Milch infizierter Mutterschafe mit der Prionenerkrankung Scrapie anstecken und die Erreger später auch ausscheiden können. Ob die Krankheit bei den jungen Schafen später tatsächlich ausbricht, können die Wissenschaftler bislang allerdings noch nicht sagen. Die Entdeckung zeige jedoch, dass eine Übertragung durch Milch prinzipiell möglich ist, schreiben Timm Konold und seine Kollegen. Eine Gefahr für den Menschen sehen die Forscher momentan allerdings nicht ? es gebe bisher keine Hinweise darauf, dass Scrapie auf den Menschen übergehen kann.
Scrapie gehört wie BSE zu den sogenannten
übertragbaren spongiformen Enzephalopathien (TSEs) ? Krankheiten, bei denen sich das Gewebe des Gehirns schwammartig verändert. Als Verursacher gelten infektiöse Proteinpartikel namens Prionen, die hauptsächlich aus einer ungewöhnlich gefalteten Variante eines körpereigenen Eiweißes bestehen. Übertragen werden TSEs meist durch den Verzehr von infiziertem Fleisch. Es gibt jedoch auch Hinweise auf andere Infektionswege wie etwa durch Fäkalien kontaminierten Erdboden, Speichel, Urin, die Plazenta oder eben auch Milch.
So hatten Schweizer Forscher beispielsweise im Jahr 2005 Prionenpartikel in den Milchdrüsen infizierter Schafe nachgewiesen, wenn diese zusätzlich unter einer Entzündung litten. Bislang blieb allerdings unklar, ob die Erreger tatsächlich in die Milch abgegeben werden und ob sich saugende Lämmer dann damit infizieren. Um das zu testen, fütterten die Wissenschaftler um Konold nun 18 Lämmer einige Wochen lang mit der Milch von an Scrapie erkrankten Schafen. Bei allen bis auf eines konnten die Forscher nach einigen Monaten Prionen im Lymphgewebe des Darms nachweisen, wo sich die Partikel typischerweise anreichern, bevor sie das zentrale Nervensystem befallen. Zudem schieden die infizierten Lämmer offensichtlich die infektiösen Proteine aus, denn die Wissenschaftler fanden die Erreger auch im Darm von zwei weiteren Tieren, die erst später zur Gruppe gestoßen und nicht mit prionhaltiger Milch gefüttert worden waren.
Es sei beim aktuellen Forschungsstand zwar schwierig, das Risiko für den Menschen zu beurteilen, räumen die Forscher ein. Solange allerdings lediglich die Scrapie-Prionen mit der Schafsmilch weitergegeben würden, schätzen sie es als äußerst gering ein, da es noch keinen bestätigten Fall von Scrapie beim Menschen gebe. Sollte indes jemals BSE bei Schafen auftreten, müsse die Situation neu bewertet werden ? schließlich könne diese Prionenerkrankung definitiv den Menschen befallen.
Timm Konold (britisches Ministerium für Umwelt, Ernährung und Ländliche Angelegenheiten) et al.: BMC Veterinary Research, Online-Vorabveröffentlichung ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel