Ein biologischer Rückkopplungsmechanismus lässt Menschen unter Stress aggressiver reagieren als sonst. Darauf deuten die Ergebnisse eines ungarisch-niederländischen Forscherteams hin, das einen solchen Zusammenhang bei Ratten nachgewiesen hat. Bei den Tieren verstärken sich die Aktivität eines Aggressionszentrums im Gehirn und die Ausschüttung eines Stresshormons gegenseitig: Je aktiver das Hirnareal, desto mehr Stresshormon befindet sich im Blut und umgekehrt. Menno Kruk von Universität Leiden und seine Kollegen berichten über ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Behavioral Neuroscience (Vol. 118, Nr. 5).
Die Forscher untersuchten in fünf Experimenten 53 Ratten. Spritzten sie den Tieren das Stresshormon
Corticosteron, das mit dem menschlichen Stresshormon
Cortisol verwandt ist, zeigten die Ratten schon nach wenigen Minuten erhöhtes Angriffsverhalten. Umgekehrt führte eine elektrische Stimulation eines Gebietes im Hypothalamus, das unter anderem für das Verarbeiten von Emotionen zuständig ist, sofort zu einer Ausschüttung des Stresshormons, auch wenn kein äußerer Reiz vorhanden war. Normalerweise zeigen Ratten eine solche Körperreaktion nur dann, wenn sie einem potenziellen Gegner oder anderen Stressfaktoren ausgesetzt sind.
Die Stresshormone haben normalerweise die Aufgabe, die Energiereserven des Körpers zu mobilisieren und ihn auf Flucht oder Kampf vorzubereiten. Nach den neuen Ergebnissen scheinen sie aber auch mit dem Gehirn Rücksprache zu halten, um in bestimmten Situationen die Kampfbereitschaft zu erhöhen. Dabei reiche schon eine einzige Konfliktsituation aus, um die Feedback-Schleife zwischen Stresshormon und Aggressionszentrum in Gang zu setzen, schreiben die Forscher. Dieser Zusammenhang erkläre auch, warum es so schwer ist, unter Stress nicht auszurasten oder sich wieder zu beruhigen, wenn man einmal in Rage geraten ist.
ddp/bdw ? Anke Biester