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Hitzeschutz-Schalter im Gehirn identifiziert

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Hitzeschutz-Schalter im Gehirn identifiziert
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Illustration zur Studie. Credit: Dr. Hagen Wende, Institute of Pharmacology, Heidelberg University, Germany
Alarm, Überhitzung droht! Erreicht die Temperatur im Gehirn kritische Werte, wird ein Signal zur Abkühlung ausgelöst. Nun haben Forscher einen Wärmesensor entdeckt, mit dem die Nerven in dem zuständigen Hirnbereich die drohende Überhitzung wahrnehmen. Damit ist erstmals ein molekularer Einblick in die wichtige und bisher wenig verstandene Temperaturegulation im Gehirn gelungen. Aus den Ergebnissen könnten sich auch therapeutische Anwendungen beispielsweise bei Fieber entwickeln, sagen die Wissenschaftler.

37 Grad Celsius: das ist die normale die Soll-Temperatur des Menschen. Sie gewährleistet eine optimale Funktion der Abläufe in unserem Körper. Weicht die Temperatur von diesem Wert ab, leitet der Organismus bekanntlich Gegenmaßnahmen ein: Blut wird in kühle Bereiche geleitet oder im gegenteiligen Fall wird beispielsweise durch Zittern Wärmeenergie freigesetzt. Über die Details der Körperfunktionen im Rahmen dieser Temperaturregulation gibt es allerdings noch immer viele offene Fragen. Das Thermostat ist bislang nur grob lokalisiert: Es sitzt in der Hirnregion des sogenannten Hypothalamus. Man weiß aber bisher nur wenig darüber, welche Nervenzellen wann aktiv werden und über welche molekularen Signalwege sie die Temperaturabweichungen messen. Dieser Frage sind nun die Forscher um Jan Siemens vom Universitätsklinikum Heidelberg nachgegangen und kamen dabei dem Hitzeschutz-Schalter auf die Spur.

Ein Thermostat-Protein zeichnet sich ab

Zunächst beobachteten sie an Zellkulturen aus dem Hypothalamus von Mäusen, dass nur bestimmte Neuronen auf Wärmereize reagieren. In diese Zellen strömt dabei schlagartig Kalzium ein, zeigten spezielle Färbetechniken unter dem Mikroskop. Um herauszufinden, welcher Bestandteil an der Zelloberfläche für diesen Effekt verantwortlich ist, behandelten die Wissenschaftler die kultivierten Nervenzellen nacheinander mit Hemmstoffen für bekannte Kalzium-Kanäle und testeten erneut die Reaktion auf den Hitzereiz. So stießen sie auf das Eiweißmolekül TRPM2: Blockierten sie dieses Protein, ließen sich die Zellen durch Wärme nicht mehr oder nur deutlich schlechter aktivieren.

Weitere Experimente gaben anschließend Einblicke in die konkrete Funktion von TRPM2. Mäuse, die es nicht bilden können, haben zwar keine Probleme, ihre Körpertemperatur zu regulieren, aber sie neigen zum Überhitzen: Als die Forscher bei diesen Tieren Fieber auslösten, stieg die Temperatur deutlich höher als bei Mäusen, die über TRPM2 verfügen. „Es scheint bei der normalen Feinregulation der Körpertemperatur keine entscheidende Rolle zu spielen – es muss also noch weitere Wärmesensoren in diesem Bereich des Gehirns geben. Erst wenn eine Überhitzung droht, beispielsweise bei hohem Fieber, sorgt TRPM2 dafür, dass die überschüssige Wärme abgeleitet wird“, erklärt Siemens.

Therapeutisches Potenzial

Durch weitere Versuche konnten er und seine Kollegen auch bereits Einblicke gewinnen, was die Aktivierung der Nervenzellen durch TRPM2 im Körper verursacht. Mittels gentechnischer Verfahren verpassten sie den TRPM2-Neuronen von Mäusen einen chemischen Schalter, durch den sie sich auch durch eine andere Substanz aktivieren ließen. Infrarot-Aufnahmen offenbarten, was dies bei den Tieren auslöste: Die Infrarot-Kamera zeigte: Bei Mäusen mit aktivierten TRPM2-Neuronen wurden trotz kühler Umgebung Pfoten, Ohren und Schwanz vergleichsweise stark durchblutet. Die Körpertemperatur der Tiere sank dadurch von 37 Grad Celsius auf etwa 30 Grad ab.

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Die Forscher kommen deshalb zu dem Schluss, dass TRPM2 vor allem dazu dient, Fieber zu senken, bevor es für den Körper gefährlich wird. „Damit ist TRPM2 sicherlich auch interessant für eine potenzielle therapeutische Nutzung. Viel wichtiger ist zunächst aber, dass wir erstmals einen molekularen Einblick in die komplexen und bisher noch wenig verstandenen Mechanismen der Wärmeregulation im Gehirn erhalten haben“, so Siemens.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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