Malaria ist nach wie vor eine der schlimmsten Plagen der Menschheit: Weltweit sind hunderte Millionen von dieser lebensgefährlichen Erkrankung betroffen. Die beiden wichtigsten Erregerarten sind dabei die Parasiten P. vivax und P. falciparum, die durch Stechmücken übertragen werden. Seit einiger Zeit beschäftigen sich Wissenschaftler auch mit der Entwicklungs- und Verbreitungs-Geschichte dieser Mikroorganismen – mit der Frage: Welche Stämme sind miteinander verwandt und wie haben sie sich auf der Welt ausgebreitet? Bei der Charakterisierung der Malaria-Erreger und damit ihrer Geschichte gab es allerdings bisher eine Lücke: Von den europäischen Stämmen lassen sich keine Proben mehr nehmen: Mitte des 20. Jahrhunderts konnte die Erkrankung schließlich auch aus den letzten Rückzugsgebieten in Spanien verbannt werden. Zuvor hatte Südeuropa seit der Antike zum Verbreitungsgebiet der Malaria gehört.
70 Jahre alte Präparate
Doch nun ist es den Forschern um Pere Gelabert vom Institut für Evolutionäre Biologie in Barcelona doch geglückt, an genetisches Probenmaterial von einstigen europäischen Malaria-Erregern zu kommen. Durch spezielle Aufbereitungsverfahren gewannen sie mitochondriale DNA aus historischen Proben der Erreger. Sie waren in Blutproben enthalten, die in den 1940er Jahren auf Objektträgern zur Archivierung konserviert worden waren. Sie stammten von Malaria-Patienten aus einem der letzten europäischen Verbreitungsgebiete der Krankheit: dem Ebro Delta in Spanien. Sowohl P. falciparum als auch P. vivax sorgten hier für Malaria-Fälle.
Den Forschern gelang es anhand der 70 Jahre alten Blutproben, das mitochondriale Genom des europäischen P. falciparum Stamms komplett zu rekonstruieren – bei P. vivax waren es immerhin 67 Prozent der Sequenz. Diese Daten verglichen sie mit den genetischen Informationen heutiger Malaria-Stämme aus unterschiedlichen Regionen der Welt, um Rückschlüsse auf Verwandtschaft-Beziehungen ziehen zu können. Es zeigte sich: Die europäische P. vivax-Sequenz ähnelt der von Erregern, die heutzutage in Mittel- und Südamerika vorkommen. Im Fall von P. falciparum fanden die Forscher klare Übereinstimmungen mit mitochondrialen DNA-Sequenzen aus Parasiten Indiens.
Hinweise auf die Ausbreitungsgeschichte der Erreger
Gelabert und seinen Kollegen zufolge wirft der Befund zu P. vivax nun Licht auf die Frage, wie und wann dieser Erreger einst die neue Welt erreichte: Es scheint nun klar, dass er nicht etwa bereits mit den ersten Einwanderern über die Beringstraße gekommen ist. Offenbar haben ihn erst die Europäer nach der Entdeckung Amerikas in die neue Welt eingeschleppt. Die ebenfalls in Amerika vorkommenden P. falciparum-Erreger gelangten hingegen wohl durch den Sklavenhandel in die neue Welt, sagen die Forscher, denn die dortigen Genotypen passen nicht zu der einst in Europa ansässigen Form. Seine Ähnlichkeiten zu heute in Indien vorkommenden Formen bestätigen indes bisherige Hinweise darauf, woher der europäische P. falciparum-Stamm einst gekommen ist: Historischen Berichten über typische Symptome zufolge breitete sich der Erreger vor etwa 3000 Jahren in Indien aus und erreichte dann etwa 500 Jahre später Griechenland und anschließend weitere Teile des Mittelmeerraums.
Gelabert und seine Kollegen wollen den einstigen europäischen Plasmodien nun auch weiterhin nachforschen: Wie sie berichten, suchen sie dazu derzeit in alten europäischen Sammlungen nach weiteren Malariaproben. Ihr Ziel: Sie wollen die genetische Vielfalt der Plagegeister und ihre Entwicklungsgeschichte noch detaillierter aufschlüsseln.