Den Forscher um Takanori Takebe von der Yokohama City University Graduate School of Medicine gelang es nachzuahmen, was bei der Embryonalentwicklung des Menschen natürlicherweise passiert: Aus speziellem Vorläufer-Gewebe bildet sich die Leber. Solche Leber-Knospen konnten die Forscher durch ein neuartiges Verfahren künstlich generieren. Sie entstanden aus einem Gemisch speziellerZellen, die teilweise aus induziert pluripotenten Stammzellen des Menschen hervorgegangen waren.
Bereits seit einiger Zeit sind Forscher in der Lage, ausgewachsene Körperzellen in einen pluripotenten Zustand zurückzuversetzen, sodass sie sich erneut zu jedem Zelltyp des Körpers entwickeln können. Dieses Verfahren nutzten Takebe und seine Kollegen, um Vorläuferzellen von Lebergewebe herzustellen. Diese mischten sie dann mit Zellen, aus denen Bindegewebe und Gefäße entstehen. Die Mischungen dieser drei Zelltypen ließen die Forscher dann auf Kulturmedium im Labor wachsen. Und siehe da: Die Zellgemeinschaft begann sich selbst zu organisieren und bildete schließlich vier bis fünf Millimeter große Leber-Knospen aus, die ähnliche Eigenschaften aufwiesen wie das Vorläufer-Gewebe von Lebern bei der Embryonalentwicklung.
Mäuse mit menschlichem Lebergewebe
Im nächsten Schritt pflanzten Takebe und seine Kollegen diese Knospen Mäusen einer speziellen Zuchtlinie ein, die keine Abstoßungsreaktionen gegenüber menschlichem Gewebe entwickeln. Neben ihren natürlichen Lebern bildete sich bei den Tieren dadurch menschliches Lebergewebe aus. Dieses Gewebe war durchzogen von Bindegewebe und Blutgefäßen – es besaß also Eigenschaften einer ausgewachsenen Leber beim Menschen. Die entstandenen Organstrukturen erwies sich außerdem als funktional: Die Forscher gaben den Mäusen Stoffe, die nur die menschliche Leber gut abbauen kann, nicht aber die Mäuseleber. Dabei zeigte sich: Die Tiere mit dem zusätzlichen menschlichen Lebergewebe konnten diese Stoffe verarbeiten, Kontrolltiere dagegen nicht.
Es bleibt nun noch offen, ob das Verfahren auch bei klinischen Tests erfolgreich ist – also ob Leber-Knospen sich auch beim Menschen zu Organ-Gewebe entwickeln. Die Forscher sind aber zuversichtlich: Sie halten ihre Methode für einen vielversprechenden neuen Ansatz im Rahmen der regenerativen Medizin. Möglicherweise lassen sich auch andere Organstrukturen, wie beispielsweise Nieren- oder sogar Lungengewebe auf diese Weise erzeugen. Die Wissenschaftler testen das Verfahren momentan im Rahmen der Regeneration von Bauchspeicheldrüsen-Gewebe. „Bisher sind die Ergebnisse sehr ermutigend“, sagt Takebe. Viellicht kann die Methode also eines Tages dem chronischen Mangel an Spenderorganen für die Transplantationsmedizin entgegentreten.