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Heilen mit Hilfe von HIV

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Heilen mit Hilfe von HIV
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Schematische Darstellung des HIV. Credit: Gemeinfrei
Das HI-Virus hat der Menschheit unermessliches Leid gebracht – doch nun ist es Wissenschaftlern gelungen, dem AIDS-Erreger etwas Gutes abzugewinnen: Sie haben seine Fähigkeit, das menschliche Erbgut zu manipulieren, für die Medizin nutzbar gemacht. In „kastrierter“ Form diente das Virus als Überbringer von Erbanlagen, die Menschen mit bestimmten Erbkrankheiten fehlen. Durch solch eine Gen-Therapie konnten die Forscher sechs Kinder von den Effekten zweier unterschiedlicher Erbkrankheiten befreien.

Die Ursache beider Erkrankungen sind Fehler in speziellen Erbanlagen, die dazu führen dass wichtige Eiweiße im Körper der Betroffenen nicht richtig gebildet werden. Im Fall der Metachromatischen Leukodystrophie ist das Nervensystem betroffen: Babys mit dieser Krankheit scheinen bei der Geburt noch gesund, sie verlieren aber allmählich geistige und körperliche Fähigkeiten. Bei Kindern mit dem Wiskott-Aldrich-Syndrom führt der genetische Defekt dagegen zu einem schwachen Immunsystem und zu Problemen bei der Blutgerinnung. Beide Erkrankungen waren bisher unheilbar. „Drei Jahre nach dem Start der klinischen Studie hat sich nun gezeigt, dass unsere neue Therapieform sicher und effektiv ist“, sagt Studienleiter Luigi Naldini vom San Raffaele Telethon Institute for Gene Therapy in Mailand.

Das Verfahren der Forscher nutzt eine entscheidende Eigenschaft der sogenannten Lentiviren, zu denen auch das HI-Virus gehört: Die Erreger sind in der Lage, Teile ihres Erbguts in das von menschlichen Zellen einzubauen. Sie zwingen die Wirtszelle dadurch, neue Viren herzustellen, die dann erneut auf die Reise zu anderen Opfern gehen. Dadurch zerstören sie die Wirtszellen. Im Fall des HI-Virus sind Immunzellen betroffen, was zu der Immunschwächeerkrankung führt. Die Forscher haben nun mit Mitteln der Gentechnik den Genabschnitt, den das natürliche Hi-Virus in die Wirtszelle überträgt, durch genau diejenigen Erbanlagen ersetzt, die bei den Patienten defekt sind. Das Virus verliert dadurch seine krankmachende Wirkung – es wird ausschließlich zu einem Überbringer gesunder Gen-Information.

Gesunde Gene in HIV verpackt

Die Forscher nutzten dieses Konzept, um die Erbinformation gezielt in bestimmte Zellen einzuschleusen: Blutstammzellen. Diese hatten sie den Patienten zuvor aus dem Knochenmark entnommen. Die Blutstammzellen wurden gemeinsam mit den manipulierten HI-Viren im Labor kultiviert. Dabei übertrugen die Gen-Boten den jeweiligen Gen-Abschnitt ins Erbgut der Zellen. So entstanden also am Ende Blutstammzellen des jeweiligen Patienten, die mit der korrekten Version des betroffenen Gens ausgestattet waren. Diese injizierten die Forscher den sechs Kindern dann zurück ins Knochenmark. Dort konnten sie sich erfolgreich etablieren und schließlich gesunde Blutzellen hervorbringen. Nun strömen sie durch die Körper der jungen Patienten und beseitigen die negativen Effekte, die durch den Gendefekt verursacht werden.

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Der Einsatz von Lentiviren zur Gen-Therapie ist nicht ganz neu. Doch häufig der Effekt der bisherigen Methoden war zu gering: Das übertragene Erbgut hatte nicht ausreichend Aktivität gezeigt, um den Gendefekt auszugleichen. Außerdem kam es zu unerwünschten Folgen: Beispielsweise lösten die Verfahren Leukämie aus. Bei dem neuen System ist das den Forschern zufolge nicht der Fall. Bei der Behandlung der Metachromatischen Leukodystrophie hat die Gen-Therapie das Fortschreiten der Krankheit erfolgreich stoppen können, und bei den drei Patienten mit dem Wiskott-Aldrich-Syndrom sind die wiederkehrenden Infektionen und Ekzeme 20 bis 32 Monate nach der Behandlung deutlich zurückgegangen beziehungsweise ganz verschwunden. Es seien nun allerdings noch Studien mit mehr Patienten nötig, um die Sicherheit und Wirksamkeit des Ansatzes weiter zu bestätigen, sagen die Forscher. Doch sie äußern sich bereits begeistert: „Keine Methode der Gentherapie war bisher so sicher und effektiv wie diese. Die Ergebnisse ebnen nun auch den Weg für die Entwicklung von Therapien für andere Krankheiten“, sagt Co-Autor Eugenio Montini vom San Raffaele Telethon Institute.

Originalstudien der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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