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Neues Virus: Hoffnung auf Therapie

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Neues Virus: Hoffnung auf Therapie
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MERS-CoV-Viren unter dem Elektronenmikrokop (CDC)
Erst vor einem Jahr wurde das Virus MERS-CoV entdeckt. Es verursacht grippeähnliche Symptome, Lungenentzündungen, Organversagen. Nahezu 50 Todesopfer hat der Erreger bisher gefordert. Eine wirksame Therapie gibt es bis heute nicht. Nun ist es Forschern erstmals gelungen, den Verlauf der Krankheit bei Rhesusaffen abzuschwächen – mit Hilfe eines Medikamentenmixes.

Im Juni 2012 starb ein Patient aus Saudi-Arabien in einem Londoner Krankenhaus an einer schweren Atemwegserkrankung. Zuvor hatten bereits seine Nieren versagt. Der Krankheitsverlauf ließ auf eine Virusinfektion schließen – doch die Ärzte konnten keinen der bekannten Erreger nachweisen. Erst die Suche nach Erbgutfragmenten lieferte Aufschluss. Der Mann war Opfer eines zuvor unbekannten Virus geworden: MERS-CoV, kurz für Middle East Respiratory Syndrom Corona Virus. Bis zum August dieses Jahres waren der Weltgesundheitsorganisation zufolge bereits 94 Menschen an MERS-CoV erkrankt. 47 von ihnen starben. Dennoch ist bis heute nicht geklärt, woher das Virus stammt oder wie es sich bekämpfen lässt. Auch ein Impfstoff existiert nicht. Dabei ist Eile geboten: Der Erreger, der aus der gleichen Familie stammt wie das SARS-Virus, zeichnet sich nicht nur durch die hohe Sterblichkeitsrate seiner Opfer aus. Es sind auch erste Mensch-zu-Mensch-Übertragungen dokumentiert, bei denen Kranke Familienangehörige, Kollegen, Ärzte oder Pfleger ansteckten.

Bisher standen die Mediziner der Krankheit hilflos gegenüber. Nun haben Forscher erstmals einen vielversprechenden Behandlungsansatz gefunden. Darryl Falzarano vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases der amerikanischen Gesundheitsbehörde und seine Kollegen infizierten sechs Rhesusaffen mit MERS-CoV. Drei von ihnen behandelten sie mit einem Mix aus zwei antiviralen Medikamenten. So gelang es ihnen, die Vermehrung der Erreger zu bremsen und den Verlauf der Krankheit abzuschwächen. Die Makaken sind das einzig bekannte Tiermodell für MERS-CoV; sie entwickeln nach der Ansteckung eine Lungenentzündung, die beim Menschen einem schwachen bis mittelschweren Verlauf der Krankheit entspricht.

Wie die Wissenschaftler in Nature Medicine schreiben, verabreichten sie der Hälfte der infizierten Affen acht Stunden nach der Ansteckung erstmals Interferon-α2b. Diese synthetische Version eines körpereigenen Proteins kurbelt die Abwehr an und wird unter anderem gegen Hepatitis B und C eingesetzt. Zusätzlich spritzten sie den Tieren Ribavirin, einen Wirkstoff, der die Vermehrung des viralen Erbguts hemmt. Alle acht Stunden bekamen die Rhesusaffen eine weitere Dosis Ribavirin verpasst, alle 16 Stunden verabreichten die Forscher ihnen Interferon-α2b. Nach 72 Stunden wurden alle sechs Affen eingeschläfert – zu diesem Zeitpunkt erreicht der Krankheitsverlauf bei den Makaken seinen Höhepunkt.

Schwächere Symptome, weniger Viren

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Obwohl alle Tiere Anzeichen einer Atemwegserkrankung entwickelten, verlief die Krankheit bei den behandelten Affen deutlich schwächer. Sie zeigten keine Atembeschwerden und kaum Anzeichen einer Lungenentzündung. Ihre Entzündungswerte waren niedriger als die jener Artgenossen, die keine Medikamente erhalten hatten, ebenso wie die Viruslast im Lungengewebe. Auch die Genexpression im befallenen Gewebe unterschied sich.

Interferon-α2b und Ribavirin werden bereits bei anderen Virusinfektionen gemeinsam verabreicht. Wie gut sich mit ihrer Hilfe MERS-CoV bei Menschen bekämpfen lässt, bleibt jedoch abzuwarten. Die Infektion verläuft bei den Affen glimpflicher als bei unserer Spezies. Deshalb ist unklar, wie wirksam die Medikamente in schweren Fällen sind. Noch gibt es jedoch keine Alternative. Angesichts des schweren Krankheitsverlaufs, schreiben die Forscher, „sollte eine Kombinationstherapie mit Interferon-α2b und Ribavirin als frühzeitige Intervention bei MERS-CoV eingesetzt werden.”

Während einige Wissenschaftler auf der Suche nach der passenden Behandlung sind, sind andere auf der Suche nach der Wurzel des Übels. Momentan stehen Fledermäuse und Kamele als ursprüngliche Wirtstiere des Virus im Verdacht, der bisher nur im Nahen Osten sein Unwesen treibt.  Im Blut von Kamelen wurden Antikörper gegen dieses oder ein sehr ähnliches Virus gefunden; im Kot einer Fledermaus entdeckten Forscher jüngst ein Erbgut-Fragment, das mit der RNA von MERS-CoV übereinstimmt. Doch wie der Mensch sich letztlich mit der Krankheit ansteckt – diese Frage bleibt bis auf weiteres ein Rätsel.

 

Quelle:

© wissenschaft.de – Nora Schlüter
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