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Weniger sinnlose Antibiotika-Verschreibungen!

Gesundheit|Medizin

Weniger sinnlose Antibiotika-Verschreibungen!
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Credit: Thinkstock
Sie sind zweifellos Wunderwaffen der Medizin: Antibiotika machen bereits seit fast hundert Jahren erfolgreich fiesen Bakterien den Garaus. Doch der Ruhm dieser Medikamente hat offenbar zu einer Hau-drauf-Mentalität geführt: Unnötige Antibiotika-Verschreibungen gehören leider zum medizinischen Alltag. Viele Ärzte verschreiben Antibiotika beispielsweise bei Erkältungen, obwohl die Bakterien-Killer gegen diese Virusinfektionen völlig machtlos sind. Solche Fehlverschreibungen kosten nur Geld, belasten die Gesundheit und tragen zur Entwicklung von resistenten Bakterienstämmen bei, prangern Experten schon seit einiger Zeit an. Nun berichten US-Forscher von einer simplen Methode, Ärzte zu mehr Sorgfalt zu animieren: Unterzeichnen sie eine Erklärung zum sinnvollen Einsatz von Antibiotika und hängen diese an die Praxiswand, gehen ihre Fehlverschreibungen deutlich zurück.

Obwohl Richtlinien Ärzte schon lange über den sinnvollen Einsatz von Antibiotika informieren, sind fast die Hälfte aller Verschreibungen in den USA unnötig, berichten die Forscher um Daniella Meeke University of Southern California in Los Angeles. Auch in Deutschland wird diese weitverbreitete Verschreibungspraxis immer wieder kritisiert. Am drastischsten ist sie im Fall der Atemwegserkrankungen: Meist sind Erkältungen nur auf Viren zurückzuführen – nur selten kommt es zu einer zusätzlichen Infektion mit Bakterien. Eine Laboruntersuchung kann darüber Klarheit schaffen und damit auch, ob eine Antibiotikagabe Sinn macht. Doch oft verschreiben Ärzte einfach standardmäßig ein Antibiotikum, möglicherweise auch, weil der Patient dies von ihnen erwartet, sagen Meeke und ihre Kollegen. Viele haben nämlich den Eindruck, dass ihnen die Medikamente helfen: Die Erkältung schwächt sich ab und verschwindet. Doch das würde sie auch ohne Antibiotika, denn dieser positive Verlauf ist typisch für eine normale Erkältung.

Die Forscher haben nun den Effekt einer simplen Methode getestet, die dazu führen soll, Ärzte zu mehr Sorgfalt bei der Antibiotika-Verschreibung zu animieren. Das Konzept: Der Arzt wird aufgefordert, in seinem Sprechzimmer eine Erklärung aufzuhängen, die sich gegen den unangemessenen Einsatz von Antibiotika bei gewöhnlichen Erkältungserkrankungen ausspricht. Das Poster zeigt außerdem ein Foto des Arztes und seine Unterschrift. Eine Testgruppe von Ärzten aus dem Raum Los Angeles nahm an diesem Projekt teil. In den darauffolgenden drei Monaten überprüften die Forscher die Verschreibungspraxis der teilnehmenden Ärzte und verglichen sie mit einer Kontrollgruppe, die sich keine Erklärung in die Praxis gehängt hatte.

Ein Poster reduziert Fehlverschreibungen

Ergebnis: Die Maßnahme führte tatsächlich zu einem Rückgang von Fehlverschreibungen um zehn Prozent. Die sinnvollen Verschreibungen waren glücklicherweise nicht betroffen, zeigten die Auswertungen: Der Prozentsatz der medizinisch gerechtfertigten Antibiotika-Gaben blieb gleich. „Das zeigt, dass persönliche Aktivierung des Arztes zu mehr Motivation führt, weniger unnötige Antibiotikaverschreibungen auszustellen“, sagt Co-AutorJason Doctor von der University of Southern California. Auf die gesamten USA projiziert, könnten mit der simplen Methode 2,6 Millionen unnötige Antibiotikaverschreibungen verhindert werden. Das würde etwa 70 Millionen Dollar an Medikamenten-Kosten sparen, sagen die Forscher.

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Doch wichtiger als die finanziellen erscheinen die gesundheitlichen Aspekte, denn Antibiotika-Einnahmen haben unerwünschte Nebenwirkungen auf den Körper: Sie schädigen unter anderem die „guten“ Bakteriengemeinschaften wie beispielsweise die der Darmflora. Das Ausmaß der Folgen ist derzeit noch unklar und Gegenstand einiger Studien. Der zweite wichtige Punkt im Zusammenhang mit unnötigem und übermäßigem Antibiotikaeinsatz ist das Problem wachsender Resistenzen. Die einstigen Wunderwaffen des Menschen gegen Bakterien werden dadurch zunehmend stumpf. So können sie versagen, wenn sie tatsächlich nötig sind.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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