Die Studie von Daniela Schmid und Michael Leitzmann von der Universität Regensburg basiert auf der Auswertung von 43 einzelnen Datenerhebungen, die insgesamt Informationen von rund vier Millionen Menschen umfassen. Durch Fragebögen und Interviews hatten Wissenschaftler im Rahmen dieser Einzelstudien zuvor die Gewohnheiten und Gesundheitszustände der jeweiligen Studienteilnehmer ermittelt. Die Datensammlung von Schmid und Leitzmann ergab unterm Strich 68.936 Krebs-Fälle. Durch statistische Berechnungen ermittelten sie nun den möglichen Zusammenhang zwischen den Krebserkrankungen und den Bewegungsgewohnheiten der Betroffenen.
Aus den Statistiken geht den Forschern zufolge hervor: Je mehr Zeit jemand täglich sitzend verbringt, desto höher ist sein Risiko an Darmkrebs, Gebärmutterhalskrebs und in geringerem Maße auch an Lungenkrebs zu erkranken. Andere Krebsarten waren hingegen nicht betroffen, berichten Schmid und Leitzmann. Ihnen zufolge zeigt sich auch eine Art Dosis-Effekt: Mit jeweils zwei Stunden mehr Sitzen, steigt offenbar die Wahrscheinlichkeit für Darmkrebs um acht Prozent, für Gebärmutterhalskrebs um zehn Prozent und für Lungenkrebs um sechs Prozent.
Mehr sonstige Aktivität hilft offenbar nicht
Den Statistiken zufolge scheint der Zusammenhang unabhängig von der generellen körperlichen Aktivität zu sein. Das heißt: Viel sitzen ist sogar für diejenigen ungünstig, die sich ansonsten intensiv bewegen – einen Ausgleichseffekt scheint es also nicht zu geben. Den Faktor Rauchen konnten die Forscher durch ihre statistischen Methoden als Ursache des Zusammenhang ausschließen und auch Übergewicht erscheint als Grund unwahrscheinlich. Es handelt sich zwar bei Darm- und Gebärmutterhalskrebs um Krebsarten, die bei Übergewicht erhöht auftreten – das gilt aber auch für andere Krebsarten, die sich aber in den Statistiken der Forscher nicht erhöht zeigten.
Über die tatsächlichen Ursachen des Zusammenhangs sind indes noch keine genauen Aussagen möglich, betonen die Forscher. Doch ihre Daten geben einen möglich Hinweis: Besonders deutlich zeigte sich der Zusammenhang zwischen den Krebsarten und dem Sitzen bei einer speziellen Tätigkeit: Fernsehen. Schmid und Leitzmann zufolge könnte dies daran liegen, dass viele Menschen beim Fernsehen besonders häufig Süßgetränke und Junkfood zu sich nehmen. Von diesen Nahrungsmitteln ist bereits ein negativer Effekt bezüglich Krebsrisiko bekannt. Doch auch andere körperliche Effekte, die speziell mit Sitzen in Zusammenhang stehen, könnten verantwortlich sein. Was auch immer der konkrete Grund ist, die Forscher resümieren ihre Ergebnisse mit der Botschaft: „Weniger sitzen könnte eine wichtige Rolle bei der Vermeidung von Krebserkrankungen spielen“.