Die Grundlage der Studie bildeten die Ergebnisse von Gewebeuntersuchungen übergewichtiger Menschen: Personen mit niedrigen HO-1-Werten entwickelten sehr selten Folgeerkrankungen, während solche mit hohen Werten sehr oft davon betroffen waren, zeigten die Analysen. „Der Zusammenhang zwischen HO-1-Werten und dem Gesundheitszustand der Patienten war überwältigend, erklärt Studienleiter Harald Esterbauer vom Klinischen Institut für Labormedizin der Medizinischen Universität Wien. „Weder Gewicht, Fettanteil oder die Menge an ungesundem Bauchfett waren aussagekräftiger“, so der Wissenschaftler. Co-Studienleiter Andrew Pospisilik vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg ergänzt: „Die Art der Folgeerkrankungen und deren Schwere scheint maßgeblich vom Enzym HO-1 abzuhängen“.
Um den Zusammenhang auch experimentell zu erforschen, führten die Wissenschaftler Untersuchungen an Mäusen durch. Sie schalteten dazu das Enzym bei einigen Versuchstieren gezielt und nur in einzelnen Zelltypen aus. Ergebnis: Entfernten die Forscher HO-1 aus den Fresszellen des Immunsystems, entwickelten die Mäuse trotz starken Übergewichts weder Diabetes noch Fettleber. Im Detail zeigte sich: Sehr deftig gefütterte Tiere ohne HO-1 in den Leberzellen sprachen besser auf Insulin an und entwickelten keine Leberschäden. Zudem war die Stoffwechselaktivität in den Kraftwerken der Zellen, den Mitochondrien, ohne HO-1 deutlich gesteigert. „Diese Ergebnisse weisen HO-1 als völlig neues, höchst-interessantes Ziel für diagnostische und therapeutische Ansätze aus. Auch bei anderen altersbedingten Erkrankungen wie Krebs und sogar beim Altern selbst könnte HO-1 eine zentrale Rolle spielen“, erklärt Esterbauer.
Potenzial für neue Diagnose- und Therapieverfahren
HO-1 ist bereits ein durchaus intensiv erforschtes Enzym – die aktuellen Ergebnisse fallen Pospisilik zufolge nun allerdings aus dem Rahmen: „Unsere Ergebnisse widerlegen ein zentrales Dogma der HO-1-Forschung. HO-1 fördert chronische Entzündungen und ist nicht wie bislang vermutet entzündungshemmend“. „Solche chronischen Entzündungen sind zentrale Risikofaktoren für Diabetes.“ Bislang wurden Effekte von HO-1 durch relativ unspezifische Hemmstoffe untersucht. Durch die genetische Veränderung nur einzelner Zelltypen konnten die Wissenschaftler nun die Wirkung von HO-1 wesentlich gezielter untersuchen.
„HO-1 könnte auch bei Alzheimer und Parkinson eine zentrale Rolle spielen. Beide Krankheiten gehen mit einer gestörten Funktion der Mitochondrien und Entzündungen einher. Hier brauchen wir dringend weitere Ergebnisse“, so Pospisilik. Für den therapeutischen Einsatz von Hemmstoffen von HO-1 gibt es den Forschern zufolge bereits erste Forschungsansätze. Bereits in den nächsten Jahren sei mit Ergebnissen zu rechnen.