Der aktuelle Ebola-Ausbruch ist in seinem Ausmaß und in seiner Ausbreitung beispiellos. Inzwischen hat sich die Ebola-Epidemie auch in die Demokratische Republik Kongo ausgebreitet, wie die Weltgesundheitsorganisation WHO vor wenigen Tagen meldete. Insgesamt sind bereits knapp 1.500 Menschen an dem aktuellen Ebola-Ausbruch gestorben, darunter auch mehr als 240 Ärzte und medizinische Helfer. Zuvor fast nur im dünn besiedelten Zentralafrika endemisch, löste das Virus dort zuvor nur kleinere, lokal begrenzte Ausbrüche aus. Doch im dichter besiedelten Westafrika kann sich die Krankheit schneller verbreiten und ist kaum einzudämmen, seit sie auch Großstädte wie die liberianische Hauptstadt Monrovia erreicht hat. Wie und wann das Virus nach Westafrika gelangte, war bisher allerdings unklar. Einer Theorie nach soll es schon seit Jahrzehnten in der Tierwelt dieser Region zirkulieren, einer anderen nach ist Ebola erst vor wenigen Jahren durch tierische Überträger eingeschleppt worden.
Eingeschleppt vor zehn Jahren
Um herauszufinden, woher das aktuelle Ebolavirus kommt und wie es sich von den altbekannten Stämmen unterschiedet, hat ein internationales Forscherteam um Stephen Gire von der Harvard University in Cambridge jetzt die DNA des in Westafrika grassierenden Virenstammes so genau wie nie zuvor analysiert. Die Forscher sequenzierten 99 Virenproben von 78 Patienten, die zwischen Ende Mai und Mitte Juni in Sierra Leone mit Ebola diagnostiziert worden waren. Sie gehörten damit zu den ersten Betroffenen der Epidemie in diesem Land.
Die DNA-Analysen ergaben, dass das aktuelle Ebolavirus etwa um das Jahr 2004 herum nach Westafrika gelangt sein muss. Vermutlich brachten es Tiere, wahrscheinlich Fledermäuse, aus Zentralafrika mit, vermuten die Forscher. Wahrscheinlich im Februar 2014 wurde dieses Virus dann auf einen Menschen übertragen – und auf diese Infektion gehen alle aktuellen Fälle in Guinea und Sierra Leone zurück, so Gire und seine Kollegen. Sie konnten auch rekonstruieren, wie das Ebola-Virus von Guinea nach Sierra Leone gelangte: Zwölf Frauen, die einer Beerdigung eines Ebola-Opfers aus Guinea beiwohnten, steckten sich mit bereits zwei in Guinea zirkulierenden Virenstämmen am und brachten sie ins Nachbarland.
Hohe Mutationsrate
Und noch etwas zeigten die Analysen: Das Ebolavirus scheint relativ schnell zu mutieren: “Wir haben mehr als 300 genetische Veränderungen entdeckt, die das Virus dieses Ausbruchs von denen vorhergehender unterscheiden”, berichtet Gire. Von den Mutationen betroffen sind auch Genregionen, die für die Genauigkeit von diagnostischen Tests wichtig sind. Möglicherweise könnten die Genveränderungen sogar die Wirksamkeit von Medikamenten wie dem experimentellen Antikörper-Präparat ZMapp beeinflussen. Wie die Wissenschaftler berichten haben ZMapp-Forscher sie bereits kontaktiert und die neuen Gendaten angefordert, um eventuell nötige Anpassungen vornehmen zu können. “Indem wir diese Daten mit der Forschergemeinschaft teilen, hoffen wir, die globalen Bemühungen zu unterstützen, diese Epidemie einzudämmen”, sagt Gire.
Wie folgenreich die Ebola-Epidemie ist, zeigt sich auch am Forscherteam selbst: Fünf der an der Arbeit Beteiligten leben heute nicht mehr – sie infizierten sich bei Aufenthalten in Sierra Leone und beim Sammeln der Proben. “Sie haben den Kampf mit der Krankheit verloren, bevor dieses Manuskript veröffentlicht wurde”, schreiben ihre Kollegen in einem Nachsatz. “Hiermit möchten wir ihr Andenken ehren.”
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