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Dioxin macht Tumore bösartig

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Dioxin macht Tumore bösartig
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Prostatakrebs (rechts) im Gewebeschnitt (Bild: Otis Brawley / NCI)
Fast 50 Jahre ist der Vietnamkrieg inzwischen her – doch Beteiligte und Betroffene leiden bis heute an den Spätfolgen dieses Krieges. Vor allem das mit Dioxin versetzte Entlaubungsmittel Agent Orange machte in den Folgejahren Hunderttausende Vietnamesen und US-Soldaten krank. Jetzt hat ein US-Forscherteam eine weitere, bisher unerkannte Langzeitfolge entdeckt: Veteranen, die dem Entlaubungsmittel ausgesetzt waren, haben ein um 75 Prozent erhöhtes Risiko, an einer besonders aggressiven Form des Prostatakrebses zu erkranken. Das Wissen um diese erhöhte Gefahr könnte dazu beitragen, den aggressiven Krebs rechtzeitiger zu entdecken. Das Ergebnis zeige aber auch die langfristigen Risiken auf, die mit dioxinhaltigen Chemikalien verbunden sind, warnen die Wissenschaftler. Denn noch immer entstehe dieses Gift als Zwischenprodukt chemischer Produktionsketten und bei der Abfallverbrennung.

Agent Orange war der Codename für ein Ende der 1960er Jahre im Vietnamkrieg eingesetztes Herbizid. Dieses bestand aus zwei Chemikalien, die das pflanzliche Wachstumshormon Auxin nachahmen und die Pflanzen zu übermäßigem Wachstum anregen. Als Folge werfen diese ihre Blätter ab – und genau dies war das Ziel der Operation. Schon kurz nach dem Krieg stellte sich jedoch heraus, dass das Agent Orange mit Dioxin verseucht war – einem hochgradig krebserregenden und erbgutschädigenden Gift. Als Folge wurden Hunderttausende von Vietnamesen schwer krank, entwickelten Tumore und gebaren stark missgebildete Kinder. Auch bei US-Veteranen häuften sich Fälle von Lymphdrüsenkrebs, Leukämien und anderen Krebsarten.

Ob die Dioxin-Verseuchung auch das Risiko für Prostatakrebs erhöht, ließ sich jedoch lange nicht eindeutig feststellen. Denn diese Krebsart tritt typischerweise erst bei älteren Männern auf. „Jetzt sind die meisten Vietnam-Veteranen in ihren 60ern – in dem Alter, in dem Prostatakrebs am häufigsten diagnostiziert wird“, erklären Nathan Ansbaugh von der Oregon Health and Science University in Portland und seine Kollegen. Für ihre Studie werteten sie nun die Daten von 2.720 Vietnam-Veteranen aus, die sich wegen eines positiven Befunds im Portland Veterans Administration Medical Center einer Biopsie unterzogen hatten. Dabei prüften sie, ob es einen Zusammenhang gab zwischen dem Grad der früheren Belastung mit Agent Orange – die aus den Krankenakten hervorging – und der Häufigkeit und Art des Prostatakrebses.

75 Prozent höheres Risiko für aggressive Tumore

Das Ergebnis: Bei Veteranen, die früher dem Entlaubungsmittel ausgesetzt waren, wurde anderthalb mal so häufig Prostatakrebs diagnostiziert wie bei nicht exponierten Veteranen. Noch deutlicher aber war der Unterschied bei den besonders aggressiven Formen dieses Krebses: Für diese erhöhte sich das Risiko um 75 Prozent, und die tödlichste Variante kam sogar doppelt so häufig vor, wie die Forscher berichten. Das Agent Orange habe offenbar einen spezifischen und starken Effekt auf die aggressiven Tumore. Die nur langsam wachsende und selten metastasierende Krebsvariante werde dagegen nur wenig gefördert.

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„Das ist ein wichtiger Unterschied, denn die Mehrheit der Prostatatumore ist nicht tödlich und erfordert keine aggressive Therapie“, erklärt Studienleiter Mark Garzotto, ebenfalls von der Oregon Health and Science University. Wenn man aber wisse, dass die Wahrscheinlichkeit für einen aggressiven Tumor bei denjenigen steige, die Agent Orange oder anderen dioxinhaltigen Chemikalien ausgesetzt waren, dann könne man diese Patienten gezielter untersuchen und im Sinne einer Früherkennung überwachen. „Unsere Ergebnisse sind aber auch eine erneute Warnung davor, welche potenziellen Folgen chemische Kontaminationen in Pestiziden haben können“, konstatiert Garzotto. Das gelte nicht nur für Kriegszeiten.

Nathan Ansbaugh (Oregon Health and Science University, Portland) et al., Cancer, doi: 10.1002/cncr.27941 © wissenschaft.de – ===Nadja Podbregar
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