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Mehrlinge als böses Erfolgsrezept

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Mehrlinge als böses Erfolgsrezept
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HeLa-Zellen, die wohl bekanntesten Krebszellen der Welt, wurden von den Forschern in kleine Kanäle gepackt und tüchtig unter Druck gesetzt. Bild: TenOfAllTrades/Wikipedia
Was Krebszellen so gefährlich macht, ist ihr unbedingter Drang nach Vermehrung, der sie fremdes Terrain respektive Gewebe erobern lässt. Bisher dachten Forscher, dass dahinter vor allem ihre schnelle Teilungsrate und ihr nahezu unbegrenztes Leben stecken. Ein US-Team hat jetzt jedoch überraschend noch einen weiteren möglichen Faktor identifiziert: Anstatt beim Teilen zwei identische Tochterzellen zu bilden, wie es normale Körperzellen tun, entstehen bei der Teilung einer einzigen Krebszelle auch schonmal drei oder sogar fünf neue Zellen.

Wenn Zellen entarten, verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Zellteilung und Zelltod so, dass die Vermehrung überwiegt. Dahinter stecken meist mehrere Effekte, konnten Forscher bereits zeigen. So gelten Krebszellen beispielsweise als unsterblich ? sie teilen sich also im Gegensatz zu normalen Körperzellen, die nur eine begrenzte Anzahl von Teilungen vornehmen können, immer weiter. Auch ist bei ihnen häufig das zelleigene Selbstmordprogramm defekt, das bei normalen Zellen dafür sorgt, dass beschädigte Zellen absterben. Schließlich scheinen sich Krebszellen auch schneller zu teilen als andere Körperzellen.

Der Erfolg der Krebszellen könnte jedoch zusätzlich auch noch auf eine Neigung zu überdurchschnittlich vielen Nachkommen zurückgehen, zeigen nun die Ergebnisse von Dino Di Carlo und seinem Team. Der Bioingenieur von der University of California in Los Angeles hatte seine Testzellen nicht in herkömmlichen Kulturfläschchen wachsen lassen, sondern in ganz speziellen Kammern. Sie simulieren den begrenzten Platz, der einer Zelle im Körperinneren zur Verfügung steht. Dazu wird eine Art Kamm aus einem festen gelartigen Material auf eine Glasplatte gedrückt, so dass die Zellen in kleinen, relativ niedrigen Kanälchen eingesperrt sind.

Der mechanische Druck, der so erzeugt wird und der im Körper ebenfalls vorhanden ist, hatte verblüffende Auswirkungen auf die Zellen, beobachteten die Forscher: Wurden sie in die Kanälchen gezwängt, wuchsen sie zu ungleichmäßig geformten, paradoxerweise deutlich größeren Zellen heran, als wenn sie sich frei entfalten konnten. Auch spalteten sie sich nicht in die üblichen zwei nahezu identischen Tochterzellen auf, sondern bei der Hälfte der beobachteten Teilungen in drei bis vier Zellen unterschiedlicher Größe und Form. In einigen Fällen entdeckten die Wissenschaftler sogar fünf neue Zellen. Ein Großteil des Nachwuchses war dabei durchaus lebensfähig und bildete anschließend seinerseits wieder mehrere Tochterzellen.

Eine Zellteilung sei ein unglaublich komplexer Vorgang, der streng reguliert und kontrolliert werden muss, damit er korrekt ablaufe, kommentieren die Forscher. Gerät dieses empfindliche Ineinanderspielen der verschiedenen Prozesse aus dem Takt, etwa durch erhöhten Druck wie im aktuellen Experiment, führe das zwangsläufig zu Fehlern ? beispielsweise beim Kopieren der Erbinformation oder bei der Verteilung der Chromosomen und der anderen Bestandteile einer Zelle. Auf diese Weise entstünden dann wiederum entartete Zellen, die sich ihrerseits nicht normal teilten. Es sei zum Beispiel sehr wahrscheinlich, dass die Nachkommen solcher Zellen nicht die korrekte Zahl an Chromosomen von ihrer Mutterzellen mitbekommen. Das könnte erklären, warum dieses Problem, Aneuploidie genannt, so häufig bei Krebszellen vorkommt, schreiben die Wissenschaftler.

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Henry Tat Kwong Tse (UCLA) et al.: PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0038986 © wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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