Doch der massenhafte Einsatz hat inzwischen seine Spuren im Erbgut des Parasiten hinterlassen: In Teilen Südostasiens ist der Erreger der gefährlichen Malaria tropica bereits resistent gegen Artemisinin. Sollten sich die Resistenzgene nach Afrika ausbreiten, wäre das eine Katastrophe für die dortige Malariakontrolle ? Tausende Todesfälle wären die Folge. Um die Verbreitung der Resistenzgene rechtzeitig einzudämmen, benötigen Epidemiologen dringend Informationen über die genetischen Grundlagen der Resistenz. Nur so können sie resistente Erregerstämme schnell von nicht-resistenten unterscheiden. Genau diese Information liefert nun ein Team von Biomedizinern um den Texaner Ian Cheeseman.
Evolution bei der Arbeit
Um dem Ursprung der Resistenz auf die Spur zu kommen, konnten sich die Forscher in Südostasien einen Fall von ?Evolution in Aktion? zunutze machen: Während Artemisinin bei einer Malaria in Laos noch rasch Wirkung zeigt, sind die Erreger im Westen des angrenzenden Kambodscha bereits weitestgehend resistent. Im westlichen Thailand hingegen, das sowohl an Laos als auch an Kambodscha angrenzt, ist die Situation sehr vielfältig: Manche Erreger sind bereits resistent, bei anderen Stämmen schlägt das Medikament schnell an. Die Resistenzgene scheinen sich dort also gerade auszubreiten.
Weil Artemisinin so häufig zur Malariatherapie verwendet wird, stellt es für die Erreger einen gewaltigen Vorteil dar, resistent gegen diesen Wirkstoff zu sein. Je häufiger das Medikament zum Einsatz kommt, desto größer ist deshalb der sogenannte Selektionsdruck auf die Erreger. Werden Genvarianten von der Evolution stark begünstigt, dann spiegelt sich das in einer charakteristischen Signatur in den Genen wider. Die Idee der Biomediziner in Texas: Im Erbgut der eng verwandten Stämme von Plasmodium falciparum in Laos, Kambodscha und Thailand sollten sich deshalb die Spuren kürzlich erfolgter Selektion finden.
Resistenzgene auf Chromosom Nummer Dreizehn
Der Vergleich der Gensequenzen ergab tatsächlich 33 Genregionen, an denen die Evolution angesetzt hatte. Einige davon, so hofften die Forscher, könnten auch dafür verantwortlich sein, dass Artemisinin für die Parasiten unschädlich geworden war. Um die tatsächlich schuldigen Gene zu identifizieren, konzentrierten sich die Wissenschaftler im zweiten Schritt auf Blutproben von Malariapatienten aus den Jahren 2001 bis 2010 aus Thailand, wo sich die Resistenz unter den Erregern gerade ausbreitete. Es zeigte sich: Varianten von vier kleineren Genabschnitten auf Chromosom Nummer Dreizehn traten ab dem Jahr 2007 vermehrt bei Erregern auf, die sich während der Behandlung als artemisininresistent entpuppt hatten. Hier musste die Resistenz also verortet werden. Schätzungen der Forscher auf Grundlage eines statischen Modells zufolge sind diese Genabschnitte tatsächlich für ein gutes Drittel der erblichen Komponente der Artemisinin-Resistenz verantwortlich.
Diese wichtige genetische Komponente der Artemisinin-Resistenz von Plasmodium falciparum soll Ärzten nun helfen, die verhängnisvolle Weitergabe dieser Geninformation an die Erreger in Afrika zu verhindern. Mindestens einmal haben Forscher eine solche Chance bereits vertan: Die Resistenz gegen Chloroquin, das einem uralten Wirkstoff aus dem Chinarindenbaum verwandt ist, war ebenfalls in Südostasien entstanden ? und hat sich inzwischen in fast alle Malariagebiete der Welt ausgebreitet.