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Wie Salmonellen Tumoren Bauchschmerzen machen

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Wie Salmonellen Tumoren Bauchschmerzen machen
Ausgerechnet Salmonellen haben das Zeug dazu, neue Hoffnungsträger bei der Krebsbekämpfung zu werden: Injiziert man sie nämlich in den Blutkreislauf von Mäusen mit Darmkrebs, sammeln sie sich vor allem im Tumorgewebe an und zerstören die Krebsgeschwulst mit der Zeit sogar. Wie genau die Bakterien dabei vorgehen, untersuchen Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig zurzeit intensiv ? schließlich müssen die Mechanismen und Prozesse genau bekannt sein, bevor man überhaupt darüber nachdenken kann, das Prinzip in klinischen Studien bei menschlichen Krebspatienten zu testen. Eine Gruppe um Katja Crull ist dabei jetzt einen wesentlichen Schritt weitergekommen: Die Wissenschaftler haben entdeckt, dass die Bakterien innerhalb des Tumors einen Biofilm bilden, eine Art geschlossene Gesellschaft, die bei Infektionen normalerweise ein großes Problem darstellt. In diesem Fall ist das Zusammenrotten jedoch erwünscht, denn es scheint den therapeutischen Effekt zu verstärken.

Das Grundprinzip der überraschenden Hilfestellung durch die Salmonellen kennen die Wissenschaftler bereits: Sobald das Immunsystem die Anwesenheit der Keime bemerkt, sendet es Botenstoffe aus, um seine Truppen herbeizurufen. Damit diese auch möglichst schnell an den Ort des Geschehens gelangen, machen die Botenstoffe vorsorglich die Wände der Blutgefäße durchlässiger. Besonders stark tritt dieser Effekt beim Tumor und dessen Gefäßen auf. Die Folge ist ein Einstrom von Blut ins Tumorgewebe, der die Bakterien sozusagen in die Geschwulst hineinspült. Einmal dort festgesetzt, lösen die Mikroben eine sogenannte Nekrose aus ? das Gewebe stirbt ab und dient den Bakterien als Futter.

Doch die Mikroorganismen scheinen diesen Effekt nicht als Einzelkämpfer hervorrufen zu können, zeigen die neuen Daten: Der Angriff des Immunsystems setzt sie unter Stress. Deswegen rotten sie sich zusammen, wenn sie sich im Tumor verschanzt haben, und umgeben sich mit einem zähen Schleim aus Zellulose und faserartigen Proteinen. So können sie den Immunattacken standhalten und den Tumor zerstören. Ohne die Fähigkeit zur Biofilmbildung gelangen die Salmonellen zwar weiterhin in den Tumor, können diesem aber lange nicht so viel anhaben wie sonst, konnten die Wissenschaftler zeigen. Umgekehrt braucht es jedoch offenbar auch die Aktivität des Immunsystems, um die Biofilmbildung anzuregen ? bleibt sie aus, bleiben auch die Bakterien eher für sich, und es kommt ebenfalls nicht zu einer vollständigen Zerstörung des Tumors.

Salmonellen und ihre Verwandten sind berüchtigt für ihre Neigung zur Biofilmbildung, erläutern die Forscher. So können sie nicht nur Glas und Kunststoff in Form ihrer schleimigen Gemeinschaft besiedeln, sondern auch körpereigenes Material wie etwa Gallensteine. Dass sie jedoch auch innerhalb des Tumors einen Biofilm formen, sei bislang völlig unbekannt gewesen. Möglicherweise eröffne dieses Wissen jetzt neue therapeutische Ansätze, bei denen die besonderen Eigenschaften der Bakterien verstärkt oder auch nachgeahmt werden, hoffen die Wissenschaftler. Zudem gibt es bisher nur wenige Untersuchungsmodelle, mit denen Biofilme sozusagen in freier Wildbahn beobachtet werden können. Die befallenen Tumoren könnten eine vielversprechende Alternative sein.

Katja Crull (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, Braunschweig) et al.: Cellular Microbiology, Bd. 13, Nr. 8, S. 1223 wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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