Tatsächlich konnten die Forscher einen solchen Unterschied im Metabolom der beiden Gruppen identifizieren: Bei den Teilnehmern der OP-Gruppe schwammen sehr viel weniger Aminosäuren im Blut umher als bei denen der Diät-Gruppe. Besonders die Menge der sogenannten verzweigten Aminosäuren ? Leucin, Isoleucin und Valin ? sowie einiger anderer Proteinbausteine war auffällig stark reduziert. Parallel dazu verbesserte sich die Regulation des Blutzuckers in der OP-Gruppe deutlich rasanter als bei den Diäthaltenden.
Normalerweise, erläutern die Forscher, verzögert sich die Insulinfreisetzung bei Diabetikern vom Typ 2 nach den Mahlzeiten, so dass der Zucker aus der Nahrung nicht sofort abgebaut wird und der Blutzuckerspiegel übermäßig ansteigt. Zudem reagieren die Körperzellen weniger gut auf den vom Insulin überbrachten Befehl, Zucker aus dem Blut aufzunehmen, ein Effekt, der auch als Insulinresistenz bezeichnet wird. Beides normalisierte sich nach dem Eingriff in der OP-Gruppe nahezu, so dass keiner der Teilnehmer zum Testzeitpunkt mehr Medikamente einnehmen musste, schreiben die Forscher. In der Diätgruppe war zwar ebenfalls ein Fortschritt zu verzeichnen, hier war aber die Hälfte der Teilnehmer weiterhin auf die blutzuckerregulierenden Tabletten angewiesen. Die Ergebnisse ihrer relativ kleinen Untersuchung überprüften die Wissenschaftler anschließend mit Hilfe von Daten aus zwei anderen, größeren Studien. Auch hier habe es den gleichen Effekt gegeben ? Abnahme der verzweigten Aminosäuren im Blut bei gleichzeitiger Verbesserung der Blutzuckerkontrolle.
Zwei Fragen bleiben allerdings noch offen, geben sie zu bedenken. Zum einen sei unklar, warum sich die Aminosäurekonzentration verringert. Verantwortlich dafür könnte beispielsweise ein geringerer Eiweißkonsum sein, denn die OP-Gruppe nahm im Schnitt weniger Kalorien und auch weniger Eiweiß zu sich als die Diätgruppe. Für wahrscheinlicher halten die Mediziner aber, dass sich der Abbau der Aminosäuren im Körper beschleunigt, erste Hinweise darauf habe es in der Studie bereits gegeben.
Zum anderen bleibe bisher ungeklärt, ob das Verschwinden der Aminosäuren aus dem Blut die Ursache oder aber eine Folge der verbesserten Blutzuckerregulation sei. Die Forscher selbst tendieren zu der Annahme, dass die Aminosäurekonzentration die Insulinproduktion und -freisetzung und damit den Blutzuckerspiegel direkt beeinflusst ? möglicherweise in Zusammenarbeit mit verschiedenen Darmhormonen, deren Menge sich durch die Veränderung der Verdauungswege bei der Operation ebenfalls verändert. “Wir müssen jetzt vor allem verstehen lernen, wie und warum die Menge der verzweigten Aminosäuren bei Diabetes-Risikogruppen ansteigt ? sind es Ernährung? Gene? Darmbakterien? ? und wie man sie auch ohne Operation gezielt senken kann”, sagt Mitautor Christopher Newgard von der Duke University in Durham.