Nanokapsel schützt empfindliche Abbauhelfer
Eines der Probleme für ein solches Mittel ist: Würde man beispielsweise zusätzliche Alkohol abbauende Enzyme verabreichen, würden sie im Körper schnell wieder zersetzt. Ein zweites Problem: Bei der Umwandlung des Alkohols durch solche Alkohol-Oxidasen entstehen giftige Abbauprodukte, die dann ihrerseits den Körper schädigen. Genau an diesen Punkten setzen Yang Liu und seine Kollegen an. Sie haben eine Methode entwickelt, mit der sich verschiedene Enzyme zu zweit oder dritt in winzige Nanokügelchen packen lassen. Durch eine halb durchlässige Polymerhülle geschützt, können sie dann darin ihre Arbeit verrichten, ohne dass sie von den körpereigenen Aufräumtrupps zerstört werden. „Die Enzyme in diesen Kapseln einzuschließen stabilisiert sie auch gegen nicht-physiologische Umgebungen und hält sie zudem eng zusammen“, erklären die Forscher.
Wie sich das praktisch nutzen lässt, haben sie an einer maßgeschneiderten „Anti-Alkohol“-Nanokapsel getestet. Jede Kapsel enthielt dabei eine Alkohol-Oxidase und ein weiteres Enzym, eine Katalase, die die schädlichen Abbauprodukte der Oxidase direkt in harmloses Wasser umwandelt. In einem ersten Test verabreichten Liu und seine Kollegen Mäusen alkoholhaltiges Futter, das entweder zusätzlich diese Nanokapseln enthielt, die beiden Enzyme einzeln oder aber keine derartigen Zusätze. „Alle Mäuse waren zunächst betrunken und schliefen rund 20 Minuten nach dem Fressen ein“, berichten die Wissenschaftler. Die Mäuse, die die Nanokapseln erhalten hatten, seien aber ein bis zwei Stunden früher wieder aufgewacht als die der beiden anderen Gruppen. Und auch der Blutalkohol dieser Mäuse lag deutlich niedriger: Bereits 45 Minuten nach dem Fressen war er schon wieder um zehn Prozent gesunken, nach 90 Minuten bereits um ein Drittel. Und auch eine Substanz, die als Anzeiger für die Belastung der Leber gilt, fand sich bei den Nanokapsel-Mäusen in deutlich geringerer Konzentration im Blut.
„Pille danach“ für feuchtfröhliche Feiern
Im nächsten Test prüften die Forscher, ob sich die Enzym-Nanokapseln auch als nachträglich verabreichtes Gegenmittel eignet – quasi als die Pille danach für die allzu feuchtfröhliche Feier. Die Mäuse bekamen dazu die Nanokapseln und die beiden Vergleichslösungen erst eine halbe Stunde nach Verzehr des alkoholgesättigten Futters in die Schwanzvene gespritzt. Wieder sank der Alkoholpegel im Blut bei den Tieren am stärksten und schnellsten ab, die die Nanokapseln erhalten hatten, wie die Forscher berichten. Untersuchungen mit der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) enthüllten zudem, dass sich die Nanokapseln bereits kurz nach der Injektion in der Leber der Mäuse anreicherten – und so dieses für den Abbau des Blutalkohols wichtige Organ effektiv entlasteten.
Trotz dieser positiven Ergebnisse sehen die Forscher dies allerdings nur als einen ersten Schritt hin zu einem echten Alkohol-Gegenmittel. Denn um den Körper vor allen schädlichen Abbauprodukten des Alkohols zu schützen, müsste noch ein drittes Enzym mit in die Nanokapseln, erklären sie. Bisher aber sei von diesem keine ausreichend aktive Variante verfügbar. „Unsere Studie zeigt aber, dass sich robuste und effizientere Enzymkomplexe erzeugen lassen, wenn man mehrere von ihnen in eine solche Nanokapsel einschließt“, so das Fazit der Forscher. Diese Methode sei daher für eine Vielzahl von Anwendungen geeignet.