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Hirn-Reset sorgt für Ruhe

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Hirn-Reset sorgt für Ruhe
US-Forschern ist im Tierexperiment gelungen, Tinnitus zu heilen. Angriffspunkt für die Behandlung der lästigen Ohrgeräusche war dabei nicht wie üblich das Ohr, sondern das Gehirn: Die Wissenschaftler versetzten die betreffenden Nervenzellen im Gehirn wieder in ihren ursprünglichen Zustand und beseitigen so die Ursache für das unangenehme Piepsen. Dazu spielten sie den an Tinnitus leidenden Laborratten Töne im Bereich der Störfrequenz vor, während sie gleichzeitig ihren Vagusnerv, der unter anderem für verschiedene Sinnesreize zuständig ist, mit einer Elektrode stimulierten. Diese Nervenreizung führt zu einer Ausschüttung von Gehirnbotenstoffen, die auch für den Umbau des Gehirns beim Lernen und Erinnern notwendig sind. Zwar haben die Wissenschaftler ihren Ansatz bisher nur bei Ratten getestet, bei denen der Tinnitus durch Lärm ausgelöst wurde. Sie glauben jedoch, dass er auch dann Erfolg zeigen könnte, wenn die Ohrgeräusche nach einem Hörsturz auftreten. Dazu wollen sie noch in diesem Frühjahr eine Pilotstudie mit Patienten in Europa starten, wie das Team um Navzer Engineer von der University of Texas berichtet.

Kennzeichnend für Tinnitus sind störende Ohrgeräusche wie Pfeifen, Knacken und Rauschen, die nur vom Betroffenen wahrgenommen werden. Eine wirksame Behandlungsmöglichkeit gibt es bisher nicht – bei mindestens jedem zehnten Betroffenen bleibt das Problem dauerhaft bestehen, vor allem bei älteren Menschen. Eine vorübergehende Episode der Hörstörung tritt gar bei etwa 40 Prozent der Bevölkerung irgendwann in ihrem Leben auf, meist nach dem Einwirken von extrem lauten Geräuschen wie beispielsweise bei einem Musikkonzert.

In einem solchen Fall entsteht ein partieller Hörverlust, weil durch den Lärm die Sinneszellen im Innenohr geschädigt werden. Dadurch ändern sich auch die Signale, die das Ohr zum Gehirn schickt. Die Forscher um Engineer vermuteten nun, dass der Teil des Gehirns, der die Töne verarbeitet – die sogenannte Hörrinde -, auf diese Veränderung reagiert und zu viele Nervenzellen bestimmten Frequenzen zuordnet. Diese feuern dann nicht nur gemeinsam, sondern auch übermäßig, so dass das entsprechende Signal sehr viel stärker ist als gewöhnlich.

Diese Fehlanpassung des Gehirns konnten die Forscher nun bei lärmgeschädigten Ratten rückgängig machen. Für drei Wochen behandelten die Wissenschaftler die Tiere täglich 300 Mal, indem sie ihnen Töne im Bereich der Tinnitus-Frequenz vorspielten und dabei gleichzeitig den Vagusnerv stimulierten. Während der Tinnitus bei den Kontrolltieren, die entweder gar keine Therapie erhielten oder nur einen Teil der Behandlung bekamen, fortdauerte, belegten verschiedene Tests, dass die Ohrgeräusche bei den behandelten Ratten verschwunden waren – ein Erfolg, der über 3,5 Monate anhielt.

Untersuchungen der Hörrinde zeigten, dass die Aktivität der Nervenzellen nach der Behandlung wieder das gleiche Muster aufwies wie vor dem Einsetzen des Tinnitus. Die Kombinationsbehandlung ließ die Geräusche demnach verschwinden, indem sie die Nervenzellen zu einem dazu brachte, erneut nur auf ihre Originalfrequenz zu reagieren und zum anderen deren übertriebenes Feuern normalisierte. Bei den ersten klinischen Versuchen sollen die Tinnitus-Patienten ambulant eine Woche lang behandelt werden, kündigen die Forscher an.

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Navzer Engineer (University of Texas, Richardson) et al.: Nature, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1038/nature09656 dapd/wissenschaft.de – Marianne Diehl
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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