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Pflaster statt Spritze

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Pflaster statt Spritze
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Impfung mit Pieks - bald schon überflüssig? (Bild: thinkstock / Jeffrey Hamilton
Impfungen erfreuen sich nicht gerade großer Beliebtheit – auch wenn sie Leben retten können. Viele Menschen und vor allem Kinder haben Angst vor der Spritze und den damit verbundenen Schmerzen. Eine neue Methode könnte hier Abhilfe schaffen: US-amerikanische Forscher haben eine Art Impf-Pflaster entwickelt, das einen mit DNA-Impfstoff getränkten löslichen Kunststoff per Mikronadeln schonend in die Haut appliziert. Der große Vorteil: Das Impfen per Pflaster tut nicht weh, ist so einfach, dass es von jedem durchgeführt werden kann und die Schutzwirkung übertrifft sogar die einer Spritze – darauf deuten zumindest erste Tests an Mäusen und Rhesusaffen hin.

Die Schutzwirkung der meisten Impfstoffe beruht auf einer sogenannten aktiven Immunisierung. Unsere Immunabwehr wird dabei mit Teilen eines Erregers oder einer abgeschwächten Erregerform in Kontakt gebracht und so mobilisiert. Das Immunsystem produziert maßgeschneiderte Antikörper und Killerzellen gegen den vermeintlichen Eindringling und – noch viel wichtiger – auch Gedächtniszellen. Diese speichern die für die Abwehr wichtigen Informationen zum Erreger und sorgen so dafür, dass bei einem späteren, erneuten Kontakt das Immunsystem schneller und effektiver reagieren kann.

In die Haut – aber wie?

In jüngster Zeit arbeiten Forscher an Impfstoffen, bei denen nicht mehr Eiweiße oder ganze Erreger diese Reaktion auslösen, sondern bestimmte DNA-Abschnitte beispielsweise des Virus. Bisher aber mangelt es an effektiven Strategien, um diese DNA-Impfstoffe in den Körper zu bringen, wie Peter DeMuth vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und seine Kollegen erklären. Verabreicht man diese Substanzen durch normale Spritzen, wird keine ausreichende Immunreaktion ausgelöst, um schützend zu wirken. Andere Methoden, bei denen die Viren-DNA beispielsweise per Minielektroschock durch die Haut geschossen wird, sind zwar wirkungsvoller, aber aufwändig und nicht gerade angenehm.

Eine Lösung könnte nun das von DeMuth und seinen Kollegen entwickelte „Multilayer-Tattoo“ bieten. Dieses besteht aus einem Pflaster-ähnlichen Kunststoffstück, auf dem zahlreiche beschichtete Polymer-Mikronadeln sitzen. Es wird kurz auf die Haut aufgedrückt, dabei injizieren die winzigen Nadeln nahezu unbemerkt ihre Fracht in die Haut. Diese Fracht besteht aus mehreren Schichten hauchdünnem, biologisch abbaubarem Dünnfilm, zwischen die der DNA-Impfstoff zusammen mit Zusatzstoffen, die seine Aufnahme in die Gewebe fördern sollen, eingeschlossen ist. „Die Filme lösen sich nach und nach auf und geben so kontinuierlich und über einen längeren, einstellbaren Zeitraum hinweg die Wirkstoffe an das Gewebe ab“, erklären die Forscher. Ein weiterer Vorteil: Vor der Anwendung können die Impf-Pflaster ohne Kühlung lange gelagert werden, ohne an Wirkung zu verlieren. Das erleichtere den Transport und die Anwendung beispielsweise in Entwicklungsländern.

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Wirksamer als eine Injektion

In Versuchen an Mäusen haben DeMuth und seine Kollegen die Wirksamkeit ihres Multilayer Tattoos bereits erfolgreich getestet. Dafür verabreichten sie einigen Tiere einen DNA-Impfstoff mittels Impf-Pflaster, anderen dagegen die gleiche Substanz durch Elektroporation und normale Injektion. „Verglichen mit allen anderen Applikationsformen, rief das Mikronadel-Pflaster eine stärkere Immunreaktion und substanziell mehr Gedächtniszellen hervor“, sagen die Forscher. Noch zwei Wochen nach der Impfung hätten diese Mäuse bis zu zehnfach mehr Antikörper gegen den Wirkstoff im Blut gehabt. Anzeichen für Nebenwirkungen habe es dagegen keine gegeben.

Ähnlich deutlich fiel das Ergebnis in Tests an frisch herausoperierter Haut von Rhesusaffen aus, wie die Wissenschaftler berichten. Dort lagen die Indikatoren für eine Reaktion des Immunsystems sogar 140fach über denen einer bloßen Injektion in die Haut. Dass das Impf-Pflaster auch nach längerer Lagerung wirksam bleibt, zeigte ein weiterer Versuch mit Mäusen: Pflaster, die 28 Tage lang bei Raumtemperatur aufbewahrt worden waren, riefen keine geringere Reaktion hervor als frisch hergestellte, sagen die Forscher.

„Obwohl das wahre Potenzial einer Impf-Strategie letztlich nur in klinischen Studien mit Menschen bewiesen werden kann, deuten unsere Daten darauf hin, dass das Multilayer-Tattoo ein vielversprechender Ansatz sein könnte, um die Effizienz von DNA-Impfstoffen und möglicherweise auch anderen Mitteln zu erhöhen“, konstatieren DeMuth und seine Kollegen.

Peter DeMuth (Massachusetts Institute of Technology (MIT), Cambridge) et al.: Nature Materials, doi: 10.1038/nmat3550
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