Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Wählerischer Mikro-Vampir

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Wählerischer Mikro-Vampir
Der berüchtigte Krankenhauskeim Staphylococcus aureus ist eine Art Mikro-Vampir, der es vor allem auf menschliches Blut abgesehen hat: Er heftet sich bevorzugt an die menschliche Variante des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin an und nutzt nur im Notfall tierische Versionen, hat ein US-Forscherteam jetzt gezeigt. Diese Vorliebe für Menschenblut erklärt auch, warum der Keim nur sehr selten bei Tieren Infektionen auslöst, während er den Menschen regelmäßig heimsucht. Die Wissenschaftler halten es zudem für wahrscheinlich, dass minimale Unterschiede im Aufbau des Hämoglobins die individuelle Anfälligkeit verschiedener Menschen für die Keime erhöhen oder verringern. Sollte sich das bestätigen, könnte ein Test entwickelt werden, mit dem sich das eigene Risiko für eine Staphylokokken-Infektion vorhersagen lässt.

Genauso wie viele andere Bakterienarten ist auch Staphylococcus aureus ständig auf der Suche nach Eisen, das der Keim für seine Vermehrung benötigt. Das Problem: Im Körper von Tieren und auch beim dem Menschen liegt das Metall fast ausschließlich gut verpackt innerhalb von Proteinen oder speziellen Speichermolekülen wie etwa Hämoglobin vor – eine Strategie, die sich nicht zuletzt als Schutz gegen eindringende Bakterien dient. Allerdings haben viele Mikroben mittlerweile Gegenmaßnahmen entwickelt, um trotzdem an das Eisen zu kommen. Das gilt auch für Staphylococcus: Einmal im Blutkreislauf angekommen, kapert er rote Blutkörperchen, durchlöchert deren äußere Hülle und dockt mit einem speziellen Rezeptor auf seiner Zellwand an das Hämoglobin an. Im letzten Schritt extrahiert er dann den eisenhaltigen Kern des Farbstoffs und zersetzt ihn, so dass er das Eisen nutzen kann.

Offenbar ist es dem Bakterium dabei nicht egal, woher das Hämoglobin stammt: Der Rezeptor auf der Zellwand ist auf den menschlichen Farbstoff spezialisiert, konnten Pishchany und sein Team nun zeigen. Werden die Staphylokokken in einer Nährlösung gehalten, in der sie ihr Eisen nur aus Mäuse-Hämoglobin beziehen können, wachsen sie zum Beispiel deutlich langsamer, als wenn ihnen menschliches Hämoglobin zur Verfügung steht. Zudem scheint das Verwerten von Hämoglobin eine Voraussetzung dafür zu sein, dass die Keime einen Organismus infizieren können, beobachteten die Forscher: Bei Mäusen, die aufgrund einer gentechnischen Veränderung das Menschen-Hämoglobin bildeten, verlief eine Staphylokokken-Infektion sehr viel schlimmer und griff schneller auf den ganzen Körper über als bei ihren gentechnisch nicht veränderten Artgenossen.

Staphylokokken leben bei knapp einem Drittel aller Menschen auf der Nasenschleimhaut, lösen aber nur selten tatsächlich eine Infektion aus, erläutern die Wissenschaftler. Ein Grund dafür könnte die starke Spezialisierung des Hämoglobin-Rezeptors sein: Möglicherweise seien genau diejenigen besonders gefährdet, deren Farbstoff, etwa aufgrund einer Mutation, besonders gut in das Rezeptor-Schloss passe, spekulieren sie. Diese These wollen sie als nächstes prüfen. Ein solcher Zusammenhang wäre vor allem deswegen von Bedeutung, weil es mittlerweile eine ganze Reihe Staphylococcus-Stämme gibt, die gegen alle gebräuchlichen Antibiotika resistent sind. Je mehr man darüber wisse, wie genau die Keime ihren Weg in den Körper finden, desto leichter ließen sich auch neue Strategien für Vorbeugung und Behandlung entwickeln, betonen die Forscher.

Gleb Pishchany (Vanderbilt University Medical Center) et al.: Cell Host & Microbe, Bd. 8, S. 544 dadp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Wey|mouths|kie|fer  〈[wmðs–] f. 21; Bot.〉 nordamerikan. Kiefer mit weichen, langen Nadeln: Pinus strobus; oV Weimutskiefer … mehr

Gold|mull  〈m. 1; unz.; Zool.〉 Angehöriger einer Familie der Insektenfresser, von maulwurfartiger Gestalt mit metallisch glänzendem Fell: Chrysochloridae

de fac|to  〈Adv.; Rechtsw.〉 tatsächlich, den Tatsachen entsprechend, nach Lage der Tatsachen; Ggs de jure … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige