Weshalb Kinder älterer Frauen häufiger Chromosomendefekte wie beispielsweise das Down-Syndrom aufweisen, konnte ein deutsch-britisches Forscherteam nun genauer klären: Verantwortlich ist der altersbedingte Abbau von Bindeproteinen, der für eine Fehlverteilung der Chromosomen in Eizellen sorgt. Schon bevor ein Mädchen geboren wird, sind in den Eierstöcken alle Zellen vorhanden, die sich später zu Eizellen weiterentwickeln. Die darin enthaltenen Chromosomenpaare werden durch Klebeproteine (Cohesine) in Position gehalten. Im Laufe der Jahrzehnte, in denen aus diesen Zellen befruchtungsfähige Eizellen reifen, verlieren diese Proteine an Bindekraft oder werden abgebaut. Dadurch ergebe sich das drastisch steigende Risiko embryonaler Chromosomendefekte bei Kindern ältere Mütter, erklären die Wissenschaftler des Instituts für Physiologische Chemie der Medizinischen Fakultät an der Technischen Universität Dresden.
Vor wenigen Jahren konnte das Team um Rolf Jessberger bereits nachweisen, dass es bei einem Mangel an Cohesin auch bei Mäusen zu Fehlverteilungen bei den Chromosomen kommt. Prozesse, die zu einem Nachlassen der Haftkraft der Klebeproteine führen, konnten die Forscher nun genauer entschlüsseln. Mit zunehmendem Alter verschwinden bei der Maus Substanzen, die das Klebeprotein vor Schäden oder dem Abbau schützen, wie in Kooperation mit einer Arbeitsgruppe der University of Newcastle, England, gezeigt werden konnte. Dieses Ergebnis sei auf den Menschen übertragbar. Das könne erklären, warum es bei Kindern von Spätgebärenden häufiger zu Chromosomen-Defekten kommt. Der Grund sei also, die langsame Zerstörung des Cohesins und das damit verbundene Auseinanderfallen der Chromosomen, sagen die Forscher.
Mit zunehmendem Alter der Mutter steigt die Rate an Geburten von Kindern mit Chromosomendefekten stark an: Im Alter von 40 Jahren liegen bei mehr als einem Drittel aller Schwangerschaften solche Defekte vor. Sehr häufig sind Aneuploidien – die fehlerhafte Verteilung von Chromosomen bei der Eizellbildung und daher falsche Zahl von Chromosomen. Hierzu gehört beispielsweise die Trisomie 21. Das seit Jahren steigende Gebäralter macht die Erforschung der Hintergründe dieser Problematik besonders wichtig, betonen die Forscher.
Rolf Jessberger (Instituts für Physiologische Chemie, Medizinische Fakultät, Technische Universität Dresden) et al.: Carl Gustav Carus Universitätsklinikum dapd/wissenschaft.de –
Martin Vieweg