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Zelltod als Jungbrunnen?

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Zelltod als Jungbrunnen?
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Bei Mäusen klappt die Verjüngungskur bereits (Foto: Pakhnyushchyy/ iStock)
Gegen das Altern scheint kein Kraut gewachsen: Alle Versuche, ein Jugendelixier zu finden, schlugen bisher fehl. Jetzt jedoch haben US-Forscher einen überraschenden Erfolg erzielt: Sie verhalfen Mäusen zu einem ein Drittel längeren Leben und weniger altersbedingten Wehwehchen. Geschafft haben die Wissenschaftler dies durch die gezielte Zerstörung von alten, abgeschalteten Zellen. Ob diese Verjüngungskur auch beim Menschen funktionieren könnte, muss sich aber erst noch zeigen.

Altern ist ein komplexer Vorgang, an dem sowohl unser Erbgut als auch Stoffwechselprozesse beteiligt sind. Die für uns wahrnehmbaren Symptome – Falten, weiße Haare, schlaffere Muskeln, eine zunehmende Neigung zu bestimmten Krankheiten – hat dabei seinen Ursprung auf der Ebene der einzelnen Zellen. So zeigen Studien, dass mit zunehmendem Alter die Reparaturmechanismen der DNA weniger effektiv arbeiten und sich daher Fehlkopien und damit das Risiko für entartete Zellen häufen. Gleichzeitig werden auch die Enden der Chromosomen in den Zellen immer kürzer. Diese normalerweise als Puffer für DNA-Verluste bei der Zellteilung wirkenden Telomere gelten daher als Anzeiger für die Zellalterung. Um die zu alten Zellen gewissermaßen auszusortieren, hat der Körper die Seneszenz entwickelt: Er legt diese Zellen still und verhindert, dass sie sich weiter teilen. „Diese zelluläre Seneszenz ist ein Mechanismus gegen Krebs, spielt aber auch für das Altern und altersbedingte Krankheiten eine Rolle“, erklären Darren Baker vom Mayo Clinic College of Medicine in Rochester und seine Kollegen.

Ein Drittel längeres Leben

Doch was, wenn diese seneszenten Zellen viele altersbedingte Symptome erst auslösen? „Die zelluläre Seneszenz ist eine Art biologischer Notbremse, um beschädigte Zellen an der Teilung zu hindern“, erklärt Seniorautor Jan van Deursen von der Mayo Clinic. „Aber sobald diese ‚Notbremse‘ einmal betätigt ist, sind diese Zellen nicht mehr notwendig.“ Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass die zunehmende Anreicherung solcher ruhiggestellter Zellen in den Geweben die Funktion von Organen sogar stören und Diabetes, Nierenschwäche und Krebs fördern kann. Baker und seine Kollegen haben daher in einem Experiment mit Mäusen untersucht, was geschieht, wenn man diese seneszenten Zellen gezielt entfernt. Sie nutzten dafür zwei Mäusestämme, bei denen sich diese Zellen durch ein chemisches Präparat zerstören lassen. Die Tiere bekamen ab dem Alter von zwölf Wochen alle zwei Wochen eine Injektion mit diesem Mittel.

Und tatsächlich: Die Mäuse, bei denen die seneszenten Zellen zerstört waren, lebten im Durchschnitt zwischen 17 und 35 Prozent länger als die Kontrolltiere, wie die Forscher berichten. Die Tiere zeigten zudem weniger alterstypische Veränderungen an Nieren, Herz und Fettgewebe, entwickelten seltener einen Grauen Star und Tumore wuchsen bei ihnen langsamer. Auch äußerlich wirkten die von den seneszenten Zellen befreiten Mäuse fitter: Während alte Mäuse normalerweise nur noch wenig spontane Aktivität und Erkundungsverhalten zeigen, war dies bei den behandelten Mäusen nicht der Fall. Sie waren so aktiv und neugierig wie deutlich jüngere Artgenossen, wie Baker und seine Kollegen beobachteten. Dieser Effekt war unabhängig von der Ernährung und zeigte sich in beiden getesteten Mäusestämmen.

Könnte das auch beim Menschen funktionieren?

Nach Ansicht der Forscher spricht dies dafür, dass die ruhiggestellten Zellen mehr schaden als nützen: „Die sich mit dem Alter ansammelnden seneszenten Zellen wirken größtenteils negativ, sie schaden unseren Organen und Geweben und verkürzen dadurch unser Leben – und auch die gesunde, fitte Phase unseres Lebens“, sagt van Deursen. Sie zu entfernen, könnte daher seiner Meinung nach ein vielversprechender Ansatz gegen altersbedingte Krankheiten oder Schäden sein. „Da man diese Zellen offenbar ohne negative Nebenwirkungen eliminieren kann, könnten Therapien, die auf diesem Prinzip basieren, vielversprechend sein“, so der Forscher.

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Allerdings: Noch klappt die gezielte Entfernung der seneszenten Zellen nur bei den gentechnisch veränderten Mäusen. Ob dies auch ohne vorherige Genveränderung und beim Menschen funktioniert, muss erst noch getestet werden. Die Suche nach chemischen Wirkstoffen, die selektiv solche seneszenten Zellen zerstören, ist bereits im Gange. Ein weiteres Problem:  Bei den Mäusen scheint der Verlust dieser Zellen zwar keine negativen Folgen zu haben – aber ob dies auch bei anderen Tieren und beim Menschen gilt, ist noch offen. Dennoch ist Baker durchaus optimistisch: „Der Vorteil ist, dass schon eine Eliminierung von nur 60 bis 70 Prozent dieser seneszenten Zellen signifikante therapeutische Effekte haben kann“, so der Forscher.  Sollte das auf den Menschen übertragbar sein, dann könnte ein Wirkstoff schnell und effizient genügend von ihnen zerstören, um eine profunde Wirkung auf Lebensdauer und Gesundheit zu haben.“

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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